Die bekannte niederländische Autorin, deren Bücher im Diogenes Verlag erscheinen, sei durch ihre „Internationalität gepaart mit dem Namen“ prädestiniert für den Stadtdenker, so Pötzsche.
Jessica Durlacher wurde 1961 in Amsterdam geboren und ist die älteste Tochter des Soziologen und Schriftstellers Gerhard Durlacher, der als einziger aus seiner Familie Auschwitz überlebt hatte. Er wuchs bis 1937 in Baden-Baden auf, emigrierte ein Jahr vor der Kristallnacht mit seinen Eltern in die Niederlande. Doch auch dort war die jüdische Familie vor dem NS-Regime nicht sicher. Über seine Erlebnisse im Nationalsozialismus erzählte Gerhard Durlacher kaum etwas, erst durch seine Bücher erfuhr seine Tochter davon. Sie setzt dieses Thema mit Erfolg in ihren Romanen fort.
Dass die niederländische Bestsellerautorin nun für eine Lesung aus ihrem neuen Roman „Die Stimme“ in Durlach Station und zugleich als Stadtdenkerin sich ein eigenes Bild der Markgrafenstadt machte, ging auf die Initiative von Karlheinz Raviol zurück. Der Durlacher hatte schon lange die Idee dazu: „Jetzt hat es endlich geklappt“, freute er sich.
„Schnellkurs Durlach“
In einem „Schnellkurs Durlach“ ging es für die beiden anderthalb Tage auf Entdeckungstour: Turmbergbähnle, Turmbergterrasse, Weinberg, Staatsweingut, Obermühle, Altstadt, Erlachsee, Stephan Blinns Puppen und Kutschen, Günter Widmanns „Durlacher Stichekabinett“. Besonders die Widmannsche Privatsammlung in der Mittelstraße schien die Stadtdenkerin beeindruckt zu haben, und noch mehr Günter Widmann selbst. Dessen Durlach-Passion wirkte „auch ein bisschen beängstigend“ auf sie, gab Durlacher schmunzelnd zu. Und wer weiß, vielleicht wird Widmann in ihrem nächsten Roman sogar als Persönlichkeit mit einfließen. Das könne sie sich gut vorstellen.
Auch weitere „Durlach-Fans“ seien ihr während ihres Aufenthalts begegnet. Interessant fand die Autorin dabei die „Sucht nach Beziehung zur Geschichte, zur eigenen Heimat“. Im Vergleich zu ihrem Wohnort Bloemendaal sei hier eine andere Energie. Die Mischung aus alten Gebäuden gepaart mit aktueller Architektur gefiel ihr. Die frühere Industriestadt Durlach nahm sie als Ort mit vielen Betrieben war. Übrigens lernte sie Durlach als Stadtname erstmals als Kind durch ihre Mutter kennen, die ihr ein Kleid auf einer „Gritzner-Kayser“ genäht hatte. Leider sei diese schöne Nähmaschine im Laufe der Zeit durch Umzüge verloren gegangen. Als kleine Kritik an Durlach gab sie an, dass die Cafés so früh schließen würden. Zudem sei die Markgrafenstadt ideal zum Fahrradfahren, daher fand sie schade, dass nicht mehr Leute auf dem Fahrrad unterwegs seien.
Bleibt noch zu klären, woher ihr Nachname eigentlicht stammt. So sicher konnte sie es nicht beantworten. Die Familie hieß wohl zuerst Levy, wurde im 15. Jahrhundert vertrieben und lebten dann vermutlich hier in oder in der Nähe von Durlach.
Bereits tags darauf, am Dienstag, ging es für Jessica Durlacher weiter nach Baden-Baden zur nächsten Lesung – dort wo ihr Vater aufwuchs.