Dank des bereits 2004 aufgelegten Programms „Wohnraumakquise durch Kooperation“ ist es der Stadt bis dato gelungen, 2.440 Menschen, denen Obdachlosigkeit drohte oder die bereits obdachlos waren, eine dauerhafte Bleibe anzubieten.
Vermittelt werden oftmals länger leerstehende Wohnungen in Privatbesitz. Der Eigentümer schließt zunächst einen Vertrag mit der Stadt und erhält bei Bedarf einen Sanierungszuschuss sowie eine befristete Mietausfallgarantie. Jetzt wurde die 1.000ste Wohnung belegt. Ein guter Grund, um mit einer Feierstunde in der ehemaligen Paracelsus-Klinik in Durlach sich bei den Unterstützerinnen und Unterstützern des Programms zu bedanken und den Erfolg zu würdigen.
Von der „Para“ zum Haus „Turmbergblick“
Diese fand am Montagnachmittag auf der Dachterrasse der „Para“ statt – so wurde das Krankenhaus bei den Durlachern bis zur seiner Schließung 2018 genannt. Und der Ort wurde bewusst ausgewählt, denn einer der „mutigen Investoren“, so Bürgermeister Martin Lenz, sei das Ehepaar Bajrami, welches ebenfalls anwesend war. Mit ihrer Karlsruher Firma „Immoba“ haben sie das Gebäude nach Insolvenz der Paracelsus-Klinik erworben. Umfangreiche Umbaumaßnahmen wurden durchgeführt, die Räumlichkeiten neu aufgeteilt, so dass 100 neue Wohneinheiten entstehen konnten. Das entspricht einem Viertel der Neubautätigkeit in Karlsruhe im Jahr 2020.
Zuerst sei ein Altenheim geplant gewesen, so Hausbesitzer Afrim Bajrami, doch dann habe man sich aufgrund der Gebäudestruktur für eine Kooperation mit der Wohnraumakquise der Stadt Karlsruhe entschieden. Menschen mit geringem Einkommen profitieren von dem neu geschaffenen bezahlbaren Wohnraum in Durlach. Zudem sei für das Erdgeschoss eine viergruppige städtische Kita im Haus „Turmbergblick“ geplant – so lautet der Name des umgenutzten Gebäudes jetzt.
„Das gesamte Fachstellenkonzept ist relevant“
Neben der Wohnraumakquise stehe auch die Prävention in Karlsruhe im Fokus, so Lenz: „Das gesamte Fachstellenkonzept ist relevant.“ Drohender Wohnungsverlust, Mietschulden und Obdachlosigkeit, das sind die Themen, mit der sich die Fachstelle für Wohnungssicherung befasst und weiterhilft. „Der Wohnungsmarkt ist in Karlsruhe durch die geringe Leerstandsquote überhitzt“, sagt Fachstellenleiter Steffen Schäfer. Als Hauptgrund für den Verlust der Wohnung sei Mietrückstand zu nennen. Bereits zwei offene Monatsmieten können zur fristlosen Kündigung und damit zum Wohnungsverlust führen. Steigende Energiekosten würden zudem bald eine „dramatische Rolle“ spielen, gibt Schäfer zu bedenken. Und der Bedarf an nachhaltigem Wohnraum – also angemessen und bezahlbar – sei groß.
Wohnraumakquise rechnet sich
Dabei rechnet sich die Wohnraumakquise durch Kooperation auch für die Stadt Karlsruhe, da Miete in jedem Fall deutlich preiswerter als eine Unterbringung ist. Ein Beispiel: Bei einer dreiköpfigen Familie können pro Jahr 22.000 Euro eingespart werden, wenn statt Hotelunterbringung eine bezahlbare Mietwohnung zu Verfügung steht. Auch wenn nur 1 Prozent der Wohnungen in Karlsruhe leerstehen, lohnt sich die Suche nach privaten Kooperationspartnern. Denn immerhin macht der private Anteil 80 Prozent des Wohnungsmarktes aus. Das sind umgerechnet 5.000 leerstehende Wohnungen in der Region und damit potenzielle Wohnungen für das Projekt.