Nach Jahren des Bevölkerungswachstums ist die Karlsruher Einwohnerzahl im Jahr 2020 spürbar um 4.626 Personen gesunken. Zum Jahresende waren nur noch 299.785 Personen mit Hauptwohnsitz in der Fächerstadt gemeldet. Das waren etwa 1,5 Prozent weniger als im Vorjahr (2019: 304.411 Personen). Dies ergab eine Auswertung der Statistikstelle des Amts für Stadtentwicklung auf Basis des Melderegisters.
Bürgermeister Dr. Albert Käuflein betont, dass „das stetige Wanderungsplus des letzten Jahrzehnts aus dem Ausland sowie von jungen Studierenden oder Auszubildenden durch die Corona-Pandemie abrupt unterbrochen wurde“. Die Stadt hoffe, so Käuflein, „dass Karlsruhe bei normalen Verhältnissen wieder ein attraktiver Anziehungspunkt für junge Menschen in Ausbildung oder Studium sowie für ausländische Fachkräfte wird“.
Wanderungsverluste lassen Einwohnerzahl schrumpfen
Im zweiten Jahr in Folge musste die Fächerstadt 2020 einen Wanderungsverlust verbuchen. Insgesamt zogen im vergangenen Jahr (ohne Meldefälle der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA)) 3.489 Personen mehr aus Karlsruhe weg als zu, 2019 waren dies nur 357 Personen. Gegenüber früheren Jahren waren sowohl die Zu- als auch die Wegzüge deutlich zurückgegangen. Lediglich 17.928 Personen verlegten im vergangenen Jahr ihren Hauptwohnsitz von außerhalb in die Fächerstadt – so wenige wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Zwischen 2017 und 2019 waren jährlich noch mehr als 23.000 Zuzüge gezählt worden.
Insgesamt 21.417 Karlsruherinnen und Karlsruher kehrten im Jahr 2020 der Stadt den Rücken und zogen in andere deutsche Kommunen oder ins Ausland. Auch die Zahl der Wegzüge lag niedriger als in den Vorjahren (Mittelwert 2017 bis 2019: 22.782 weggezogene Personen). Mit einem Minus von 8,3 Prozent gegenüber 2019 fiel der Rückgang bei den Wegzügen allerdings schwächer aus als bei den Zuzügen (22,1 Prozent) und sorgte so für einen negativen Wanderungssaldo.
Erstmals in 15 Jahren Wanderungsverluste bei Ausländerinnen und Ausländern
In den vergangenen Jahren hatten insbesondere Zuzüge von jungen Erwachsenen und Ausländerinnen und Ausländern zum Wachstum der Fächerstadt beigetragen. Im Jahr 2020 hingegen mussten auch bei der Bevölkerung ohne deutschen Pass – zum ersten Mal in den letzten 15 Jahren – Wanderungsverluste verbucht werden (814 Personen). Die Zahl der Ausländerinnen und Ausländer in Karlsruhe sank im vergangenen Jahr auf 54.831 Personen (2019: 56.058 Personen). Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung betrug im Dezember 2020 genau 18,3 Prozent (2019: 18,5 Prozent).
Die Wanderungsbilanz von Personen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren blieb im vergangenen Jahr mit einem Plus von 1.104 Personen im positiven Bereich, fiel jedoch im Vergleich zu den Vorjahren deutlich geringer aus. Zwischen 2017 und 2019 hatte der jährliche Wanderungsgewinn in dieser Altersgruppe bei durchschnittlich 3.365 Personen gelegen.
Die außergewöhnlichen Wanderungsverluste beziehungsweise die geringen Wanderungsgewinne – bedingt durch eine ungewöhnlich niedrige Zahl an Zuzügen – stellen die Statistiker des Amts für Stadtentwicklung in engen Zusammenhang mit den Corona-bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Vor dem Hintergrund von Einreisebeschränkungen für Ausländerinnen und Ausländer sowie der überwiegend digitalen Abwicklung des Hochschulbetriebs erscheint den Experten eine geringe Zuwanderung von Personen im Studierendenalter oder ohne deutschen Pass kaum verwunderlich. Darüber hinaus hat auch die pandemiebedingte Unsicherheit am Arbeitsmarkt zu einem gebremsten Zuzug nach Karlsruhe beigetragen.
Hohe Wanderungsverluste gegenüber dem Umland
Besonders hoch fielen im vergangenen Jahr die Wanderungsverluste gegenüber dem Karlsruher Umland aus, das die Gemeinden des Nachbarschaftsverbands Karlsruhe sowie weitere Teile der Landkreise Karlsruhe, Rastatt, Enzkreis und Germersheim umfasst. Im Jahr 2020 zogen 1.540 Personen mehr aus der Fächerstadt in die Gemeinden des unmittelbaren Umlands als in umgekehrte Richtung. Zwischen 2017 und 2019 hatte die Zahl bei durchschnittlich 991 Personen pro Jahr gelegen. Auch gegenüber der übrigen Region Karlsruhe wurde im vergangenen Jahr mit einem Saldo von Minus 358 Personen ein ungewöhnlich hoher Einwohnerverlust verzeichnet – der höchste Verlust in den vergangenen zehn Jahren. Lediglich gegenüber den baden-württembergischen Kommunen außerhalb der Region Karlsruhe – und ohne die Landeshauptstadt Stuttgart – konnte die Fächerstadt 2020 ein geringes Wanderungsplus verbuchen (plus 44 Personen). Die Wanderungsbilanz gegenüber den anderen Bundesländern (minus 1.015 Personen) sowie gegenüber dem Ausland (minus 705 Personen) fiel negativ aus.
Niedrigste Geburtenzahl seit acht Jahren – niedrigste Zahl der Sterbefälle seit vier Jahren
Wie bereits in den vergangenen Jahren – mit Ausnahme des Jahres 2016 – verstarben auch im Jahr 2020 mehr Karlsruherinnen und Karlsruher als geboren wurden. Mit 2.670 Geburten kamen im letzten Jahr so wenige Kinder zur Welt wie zuletzt 2012 – zwischen 2017 und 2019 waren es im Schnitt rund 170 Lebendgeborene mehr pro Jahr gewesen. Auch die Zahl der Sterbefälle lag in Karlsruhe 2020 geringfügig unter dem Niveau der Vorjahre. Im Laufe des vergangenen Jahres verstarben 2.957 Einwohnerinnen und Einwohner (Mittelwert 2017 bis 2019: 3.021 Verstorbene pro Jahr). Die Zahl der Todesfälle sank somit auf den niedrigsten Wert seit vier Jahren.
Von einer pandemiebedingten Übersterblichkeit in Karlsruhe kann auf der Basis dieser Zahlen nicht gesprochen werden. In den Monaten März und April – zu Beginn der ersten Corona-Welle – verstarben mit insgesamt 524 Personen etwa so viele Einwohnerinnen und Einwohner wie im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 (527 Personen). Gegen Jahresende – in den Monaten November und Dezember – lag die Zahl der Todesfälle mit 574 Personen jedoch über dem Mittel der vorangegangenen drei Jahre (517 Personen).
Einwohnerverluste im Stadtzentrum am größten
Bis auf wenige Ausnahmen (vier Stadtteile) verloren fast alle der 27 Karlsruher Stadtteile im Jahr 2020 an Bevölkerung. Besonders stark schrumpften die Bewohnerzahlen in den zentralen Lagen sowie in Mühlburg. Mit Verlusten von jeweils mehr als 300 Personen waren die Stadtteile Innenstadt-West (minus 551 Personen), Südstadt (minus 375 Personen), Mühlburg (minus 344 Personen) und Oststadt (minus 302 Personen) am stärksten betroffen. Darüber hinaus schrumpften die Stadtteile Weststadt (minus 297 Personen), Innenstadt-Ost (minus 258 Personen), Nordstadt (minus 247 Personen), Durlach (minus 245 Personen) und Daxlanden (minus 221 Personen) um jeweils mehr als 200 Personen. Lediglich die Stadtteile Knielingen (plus 97 Personen) – wo auf Konversionsflächen in den vergangenen Jahren viel neuer Wohnraum entstanden ist – sowie Stupferich (plus 37 Personen), Palmbach (plus 17 Personen) und Grötzingen (plus 10 Personen) konnten im vergangenen Jahr Einwohnerinnen und Einwohner hinzugewinnen.