In einer repräsentativen Studie hat ein Team von Mannheimer Sozialwissenschaftlerinnen und Sozialwissenschaftlern nun herausgefunden, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung zur Installation einer Tracing-App bereit ist – und welche Faktoren bei der Installationsbereitschaft eine Rolle spielen.
Akzeptanzniveau von rund 80 Prozent in der Bevölkerung notwendig
In Südkorea und Singapur sind sogenannte Tracing-Apps bereits Alltag. Sie leisten einen wichtigen Beitrag bei der Eindämmung der Corona-Pandemie und ergänzen oder ersetzen flächendeckende Kontakt- oder Ausgangssperren. Auch in vielen anderen Ländern wie Großbritannien und Deutschland wird derzeit unter Hochdruck an der Entwicklung von Tracing-Apps gearbeitet, mit denen die persönlichen Kontakte von Infizierten einfacher nachverfolgbar werden sollen. Der Nutzen solcher Apps ist letztendlich aber stark davon abhängig, ob ausreichend Personen den Dienst installieren und nutzen: Ein Akzeptanzniveau von rund 80 Prozent in der Bevölkerung ist notwendig, damit eine Tracing-App – kombiniert mit weiteren Maßnahmen – sehr effektiv ist. In einer repräsentativen Studie mit über 1.000 Befragten hat ein Forscherteam um die Mannheimer Statistikerin Prof. Dr. Frauke Kreuter nun untersucht, ob die Bevölkerung in Deutschland zur Installation einer Tracing-App bereit wäre. Darüber hinaus wollten die Forscherinnen und Forscher wissen, ob Faktoren wie das App-Design oder eine automatische Installation auf allen Handys einen Einfluss auf die Nutzung der App und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung haben können.
Dreiviertel der Befragten sind zur Installation bereit
Die Studie zeigt, dass eine App-basierte Kontaktnachverfolgung auf freiwilliger Basis breite Unterstützung in der Bevölkerung genießt. Knapp dreiviertel der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer geben an, dass sie die App „auf jeden Fall“ oder „wahrscheinlich“ installieren würden – unabhängig vom Alter oder Geschlecht der Teilnehmer. Einzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die generell wenig Vertrauen in die Regierung haben, sind weniger geneigt, die App zu installieren.
Die breite Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gibt zudem an, sie würden definitiv der Aufforderung der App nachkommen, sich in häusliche Quarantäne zu begeben, sollten sie in Kontakt zu einer infizierten Person gekommen sein. Eine mögliche Selbst-Verpflichtung des Robert Koch-Instituts, Betroffene schnell zu testen, erhöht diese Bereitschaft weiter. „Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Befragten nicht nur bereit wären, die App herunterzuladen, sondern den Handlungsaufforderungen auch tatsächlich zu folgen, selbst wenn das mit persönlichen Einschränkungen einhergeht“, so Prof. Dr. Frauke Kreuter, Inhaberin des Lehrstuhls für Statistik und Methodenlehre und Leiterin der Studie. Die meisten Befragten gaben sogar an, dass die Bundesregierung bei ihnen durch die Einführung einer Tracing-App im Ansehen steigen würde – sofern die Installation der App freiwillig bleibt.
Knappe Mehrheit für automatische Installation
Eine knappe Mehrheit der Teilnehmer würde auch eine automatische Installation der App auf allen Handys (mit Möglichkeit zur Deinstallation) unterstützen. Möglicherweise aufgrund der rechtlichen und ethischen Bedenken ist die Bereitschaft zur Nutzung der App in dieser Situation jedoch etwas geringer: Nur 60 Prozent der Befragten gaben an, dass sie eine automatisch installierte App „auf jeden Fall“ oder „wahrscheinlich“ auf dem Handy behalten würden.
Sorge um staatliche Überwachung einer der Hauptgründe gegen Installation
Trotz der hohen Zustimmungswerte haben viele Befragte auch Bedenken gegenüber einer Tracing-App. Fast ein Drittel der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer befürchtet, dass die Installation der App zu einer größeren staatlichen Überwachung nach Ende der Epidemie führen könnte. Zudem sorgt sich knapp ein Viertel der Befragten, dass ihr Handy leichter gehackt werden könnte. Auch der Unwille, Bluetooth auf dem Handy zu aktivieren, gehört für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu den Hauptgründen, die gegen eine Installation der App sprechen.
„Viele dieser Bedenken könnte man jedoch auffangen“, so Kreuter, „beispielsweise durch ein App-Design, das ohne Standortdaten auskommt und rein mit Bluetooth-Verbindungen und lokaler Datenspeicherung auf dem eigenen Handy arbeitet.“ Die Installationsbereitschaft könne zudem weiter erhöht werden, indem die Politik die Vorteile einer Tracing-App klar und transparent kommuniziert. Auch sollte bei der Entwicklung der App besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, dass Handys durch die Installation nicht anfälliger für Zugriffe von außen werden.