Durlacher „P90“ soll verkauft werden – droht der Abriss?

Prägt aktuell noch den Durlacher Ortseingang: das „P90“ auf dem ehemaligen Gelände der Badischen Maschinenfabrik (BMD). Fotos: cg

Prägt aktuell noch den Durlacher Ortseingang: das „P90“ auf dem ehemaligen Gelände der Badischen Maschinenfabrik (BMD). Fotos: cg

Steht beim „P90“ in der Pfinztalstraße bald ein Verkauf an? Das sind zumindest die Pläne der Stadt Karlsruhe, die zugleich aktuelle Eigentümerin des Bürogebäudes am Eingang zur Durlacher Altstadt ist.

Es ist schon eine Weile her, dass die letzten Mieter das ehemalige Gründerzentrum in Durlach verlassen haben. Die Türen sind verrammelt, verbliebene Firmenschilder und die große Briefkastenanlage am Eingang zeigen, dass hier in der Pfinztalstraße 90 mal betriebsame Stimmung herrrschte. Nachdem 2002 die Badische Maschinenfabrik Durlach (BMD) endgültig ihre Produktion am Standort eingestellt hatte, wurde das BMD-Areal in Grundstücke aufgeteilt und verkauft. Nach Rückkauf durch die Stadt wurde das in den 50er Jahren gebaute Verwaltungsgebäude anschließend wieder verkauft, 2005 entstand in Kooperation zwischen Stadtverwaltung und Raumfabrik Durlach daraus das gefeierte Gründerzenturm „P90“ für regionale Start-Ups.

Sparkasse will ihren Standort in Durlach verlagern

Doch Ende 2019 war Schluss: „P90“ wurde aufgegeben, das Gebäude dümpelte vor sich hin. Mittlerweile ist die Stadt wieder Eigentümerin und man könnte meinen, dass in Zeiten von Flächenknappheit und hohen Grundstückspreisen solch ein „Filetstück“, wie es im Durlacher Ortschaftsrat bezeichnet wurde, nicht mehr aus kommunaler Hand gegeben wird. Doch die Stadtverwaltung hat offensichtlich andere Pläne. Das Gebäude sei nicht sanierbar, so die Einschätzung seitens der Stadt – und einen Käufer hätte man bereits. Die Sparkasse Karlsruhe habe 2018 Kontakt zur Rathausspitze geknüpft und ihr Interesse zur Verlagerung ihres Durlacher Standorts in der Pfinztalstraße 61 an den strategisch günstigen Ortseingang von Durlach bekundet, so die Stadtverwaltung. „Die Ansiedlung der Sparkasse würde auch die gewünschte Belebung in diesen Bereich bringen. Seither finden Verhandlungen mit der Sparkasse Karlsruhe zur Entwicklung des Objekts statt. Durch einen Verkauf an die Sparkasse Karlsruhe als Anstalt des öffentlichen Rechts in kommunaler Trägerschaft verbleibt das Objekt an zentraler Stelle im kommunalen Verbund“, so die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage, über die am Mittwoch im Durlacher Ortschaftsrat debattiert wurde.

Thema im Ortschaftsrat

Um Fragen des Ortschaftsrates zum beabsichtigten Verkauf zu beantworten, war Stefan Rastetter vom Dezernat 4 bei der Sitzung in der Karlsburg zugegen. Konkret geht es um Grundstück Nr. 45245/1 mit 2.121 m², auf dem das „P90“ steht. Zu diesem Objekt gehören die Grundstücke Nr. 45245/38 mit 559 m² (Parkplatz) und Nr. 45245/40 mit 14 m² (Trafostation) sowie 76/1.000 an Grundstück Nr. 45245/11 (gemeinschaftliche private Verkehrsfläche), jeweils an der Straße Zur Gießerei.

Laut Stadtverwaltung plane die Sparkasse Karlsruhe auf dem Verkaufsobjekt eine gemischte Gewerbe- und Wohnnutzung. Neben Büro- und Dienstleistungsräumen soll auch Mietwohnraum entstehen. Im Erdgeschoss des Gebäudes entlang der Pfinztalstraße sei eine „öffentlichkeitswirksame Nutzung“ einzurichten. Das Objekt soll im Portfolio der Sparkasse verbleiben. Diese Nutzungs- und Haltverpflichtung sei laut Beschlussvorlage Inhalt des Kaufvertrages.

Abriss oder Umbau?

Doch was dort nicht festgelegt ist: Wird das „P90“ abgerissen und es entsteht ein Neubau? Oder wird das Gebäude umgebaut und saniert? Diese Grundsatzentscheidung soll die Sparkasse laut Absprache spätestens zwölf Monate nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages treffen, so die Stadt laut Beschlussvorlage. Diese „Katze im Sack“ sei zu unkonkret, so die vorherrschende Meinung im Durlacher Ortschaftsrat – mit Ausnahme der CDU-Fraktion. Auch zum Kaufpreis von 2.150.000 Euro gab es überraschte und kritische Stimmen. Dieser basiere auf einer Wertaussage der Grundstücksbewertungsstelle aus dem Jahr 2020 und einer Kalkulation der Stadtkämmerei. Ein Bodenwert von 1.050 Euro pro Qadratmeter wurde hierbei zu Grunde gelegt und noch etwas draufgeschlagen, erläuterte Rastetter. Somit hätte sich ein Kaufpreis von 3.400.000 Euro ergeben. Davon wurden geschätzte Abbruch- und Freilegungskosten für Heizungsanlage, Treppenhaus, Verlagerung Mobilfunkmast abgezogen. Bei einer solchen Aussage ist offensichtlich davon auszugehen, dass hier abgerissen wird!

Wegweisende Entscheidung für Durlach

Für viele Ratsmitglieder ist die genannte Summe ein „Schnäppchen“, wodurch die Frage aufkam, ob es Mitbieter gegeben habe. Rastetter verneinte dies, zum damaligen Zeitpunkt hätte es keine weiteren Interessenten gegeben. Die „Volkswohnung“ sei auch nicht auf die Stadt zugekommen, mittlerweile hätte aber „Schwabe“ Interesse bekundet – ein Flächentausch durch das benachbarte Pharmaunternehmen hätte vor zehn Jahren im Raum gestanden, so Rastetter, wurde aber nicht vollzogen.

Dass bei dieser „wegweisenden Entscheidung für Durlach“ kein Wettbewerb stattfindet, verwunderte etliche Ortschaftsräte. Das Konzeptvergabeverfahren, welches im vergangenen Jahr im Gemeinderat beschlossen wurde, würde hier auch nicht greifen, so Rastetter. Dieses Verfahren, das beim Grundstücksverkauf auch den Nutzen für ein Quartier einbezieht und nicht allein den maximal erzielbaren Kaufpreis, würde nur bei zukünftigen Vergabeverfahren angewendet werden. Die Verhandlungen mit der Sparkasse seien zum Zeitpunkt schon so weit fortgeschritten, dass es „nicht fair gewesen wäre“, argumentierte Rastetter. Allerdings würde ein Vorvertrag nicht existieren.

Positiv zu bewerten sei, so viele Stimmen im Ortschaftsrat, dass mit der Sparkase ein „verlässlicher, lokaler Partner“ investieren will. Doch „ohne erkennbares Konzept“ gab der Ortschaftsrat – bis auf die CDU-Fraktion – dieser Beschlussvorlage eine Absage: zu unkonkret sei diese. Kritische Worte richtete Michael Griener (CDU) an die anderen Fraktionen im Ortschaftsrat: Er warf ihnen vor, die Kompetenz der städtischen Vertreter anzuzweifeln – bis hin zu deren Vorwurf eines „Geklüngels“ in der Stadtverwaltung. Am Dienstag wird sich der Karlsruher Gemeinderat mit den Verkaufsabsichten befassen.

Ergänzung (28. Juni 2022)

Thema wird im Gemeinderat vertagt

Der „P90“-Verkauf wurde von der Tagesordnung (TOP3) der heutigen Gemeinderatssitzung abgesetzt. Das Thema wird vertagt.

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