Längere Fußgängerzone, weniger Autos und weniger Parkplätze: Stadtverwaltung stellt neues Verkehrskonzept vor

Rund 80 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung der Verwaltung, um sich über das neu gepante Verkehrskonzept für die Durlacher Altstadt zu informieren sowie Anregungen einzubringen. Foto: jow

Rund 80 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung der Verwaltung, um sich über das neu gepante Verkehrskonzept für die Durlacher Altstadt zu informieren sowie Anregungen einzubringen. Foto: jow

Das Thema sorgt in Durlach für emotionale Debatten, das war klar, das räumten auch die Vertreterinnen und Vertreter der städtischen Ämter ein. Die verkehrliche Situation im historischen Kern von Durlach sei schließlich schon seit Jahren ein immer wiederkehrendes Thema im Ortschaftsrat, Einzelantrag für Einzelantrag, so der stellvertretende Ortsvorsteher Martin Pötzsche in seiner Einleitung.

Jetzt gehe es um ein Konzept: Ob Radler und Autos in der Fußgängerzone, Verkehr rund um die Schlossschule, Veränderung des Mobilitätsverhaltens, Verlängerung der Fußgängerzone in beiden Richtungen, Parken, andere Bedürfnisse, Suchverkehr oder Erreichbarkeit: Ziel und Aufgabe der Verwaltung sei es, das Konzept aus dem Jahr 2000 weiterzuentwickeln.

Immerhin betrifft das Thema alle in Durlach – ob Fußgänger, Radfahrer, Pkw-Nutzer, Lieferdienste, Lkw, Politik, Händler, Taxen, Besucher, Senioren, Arztpraxen, Schüler oder Geschäfte. Mit Bürgerverein und der Wirtschaftsvereinigung „Durlacherleben“ wurde schon im März darüber gesprochen, jetzt wurde es von Stadtplanungsamt, Ordnungsamt und Tiefbauamt der Öffentlichkeit vorgestellt. Doch in Stein gemeißelt ist die Präsentation noch nicht, denn nun sollen die vielen von den rund 80 Besucherinnen und Besuchern vorgebrachten Anregungen und Kritikpunkte eingearbeitet werden. Erst danach gehe es mit der dann überarbeiteten Version in Ortschaftsrat und Gemeinderat, informierte Pötzsche. Dort wird dann befunden, ob das final vorgelegte Konzept eine Zustimmung erhält.

Ist-Betrachtung

Die Betrachtung des Ist-Zustands erfolgte gewissermaßen von innen heraus; also Fußgängerzone, Verkehrsberuhigter Bereich, Tempo-30-Zone und Hauptverkehrsnetz, doch bei dem präsentierten Verkehrskonzept gehe es zunächst nicht um einzelne Parkplätze, sondern um eine übergeordnete Betrachtung, die in einer Fortschreibung des Konzeptes von 2000 mündet.

Dabei geht es um einzelne Bereiche unter der Vorgabe, die Fußgängerzone nach Osten (bis zur Marstallstraße) und Westen (bis zur Seboldstraße) zu verlängern: Welche Auswirkungen hat das? Welche Wirkung wird erzielt? Ist der Verkehr über die B3/Marstallstraße abwickelbar? Bedarf es punktuelle Änderungen oder Anpassungen? Wie geht man mit der Prinzessenstraße um? Wie kann man zum Beispiel einen Knotenpunkt am Ausgang der Fußgängerzone rechtssicher gestalten? Bestehen Wedemöglichkeiten? Was ist mit Parkflächen? Wie geht man mit Querverkehr um? Wie mit nötigen Berechtigungen zur Zufahrt?

Zuerst wurden Verkehrserhebungen gemacht (Siehe Bild zu Details), ob zu Verkehrsflüssen, Auswertung der Parkscheinautomaten oder zur qualitativen Parkraumerhebung; wer parkt wo wie lange?

Es habe sich gezeigt, dass in einigen Bereichen schon heute sehr hoher Parkdruck herrsche, dabei aber Kurzzeitparker im Altstadtring durchaus im Umfeld aufgenommen werden könnten. Sollten die Kurzzeitparker entfallen, weil zum Beispiel im „Scheck-In-Parkhaus“ genügend Flächen vorgehalten würden, wäre es dann jedoch notwendig, Bewohner-Parkzone anzupassen, wobei es auch hier rechtliche Vorgaben zu beachten gilt.

Vorschläge

Nach Einzelbetrachtung (mit Blick auf aktuelle Wartezeiten) des Knotenpunkts Marstallstraße/B3 folgt die Empfehlung, mittel- bis langfristig diesen Bereich umzugestalten mit einer „Lückenampel“. Dabei werden zum Beispiel mittels Induktionsschleife wartende Fahrzeuge erfasst und der Verkehr in der Hauptrichtung angehalten.

Als Zwischenfazit stellen die Ämter, die die Altstadt in vier Quadranten aufgeteilt hatten, fest, dass die Verkehrsmengen im Altstadtring eigentlich zu hoch seien für einen Verkehrsberuhigten Bereich. Eine Entlastung könnte erreicht werden unter anderem durch Wegfall der Kurzzeitparker und des „Suchverkehrs“, Verlängerung der Fußgängerzone in beiden Richtungen, Unterbindung des Schleichverkehrs zwischen Pfinztal- und Lederstraße und Gestaltung der Prinzessenstraße als Fahrradstraße oder – als Abfluss für Kunden von Scheck-In – als Einbahnstraße Richtung Osten.

Ob Rappen-, Reben-, Marstall-, Jäger-, Ochsentor-, Zehnt-, Mittel- oder Rollerstraße: Die querenden Straßen sollen im Zuge der Verlängerung der Fußgängerzone mit entsprechender Beschilderung zu Sackgassen (ohne Wendemöglichkeit) werden – um so auch die Pfinztalstraße zu beruhigen. Es würden dann Mischflächen mit seitlichen Parkflächen entstehen, doch müssen 4 Meter Fahrbahnbreite verbleiben, damit Fahrzeuge wieder rückwärts rausfahren können. Nur in der Marstallstraße sollen alle Parkflächen entfallen. Eine Querung der Fußgängerzone geht bei dieser Planung nur noch am Altstadtring.

Die City-Radroute solle bei dieser Planung bestehen bleiben – mit anderen Worten: Ein Teil der Route läuft dann durch die neu geplante Fußgängerzone!

Anregungen

Schon im ersten Austausch mit Bürgerverein und Geschäftsleuten kamen etliche Anregungen – ob zum Parken, Erreichbarkeit, Lieferungen, Fußgängerzone, Zustand der Straßen, bauliche Verbesserungen oder rechtliche Fragen. Anhand der Einwände und Anregungen zeigte sich, dass das Thema emotional aufgeladen ist. Doch eine Erweiterung und Stärkung der Fußgängerzone sei möglich, so das Stadtplanungsamt. Das würde auch – durch flankierende Maßnahmen – unter anderem Auswirkungen haben auf Verminderung des Schleichverkehrs, Reduzierung des Parkplatzsuchverkehrs – und Verlagerung des Kfz-Verkehrs weg von der Schlossschule.

Dies alles wäre möglich, umsetzbar in vier Stufen, wie Projektleiterin Birke Bronner vom Stadtplanungsamt, Thomas Ruppert vom Tiefbauamt und Jens Röhl vom Ordnungsamt erläuterten. Es brauche aber Maßnahmen.

In der ersten Stufe sollen die Fußgängerzone verlängert, die Querstraßen zu Sackgassen und die Beschilderung angepasst werden. „Dazu wäre auch ein Durchgängigkeit der Beschilderung nötig“, so Bronner, das müsse auch trainiert werden.
In der zweiten Stufe soll die Prinzessenstraße als Einbahnstraße eingerichtet werden.
In einer dritten Stufe geht es dann um die Reduzierung der Verkehrsmengen im Altstadtring, Eingrenzung des Kurzzeitparkens und Anpassung des Bewohnerparkens.
In der vierten Stufe soll dann der Knotenpunkt B3/Marstallstraße angegangen werden, dazu die Prüfung, ob die Prinzessenstraße als Fahrradstraße umsetzbar wäre.

Sehr viele Fragen vorgebracht

Dann waren die Besucherinnen, Besucher, Anwohnerinnen und Anwohner dran, die zur vorgestellten Planung sehr viele Fragen, Anregungen, Statements und Kritik hatten (mit unterschiedlich starkem Beifall) – die wir hier anführen. Wenn es Antworten der Ämter gab, sind sie gekennzeichnet, ansonsten wurden die Themen und Anregungen notiert und sollen ins Konzept eingearbeitet werden.

Es gebe nur noch drei Zufahrtsmöglichkeiten in den Kern von Durlach! Eine Betrachtung der verkehrlichen Zustände und den Auswirkungen durch die neuen Wohnungen auf dem BMD-Areal sei noch nicht erfolgt. Der Verkehr in der aktuellen Situation sei in der Altstadt nicht optimal, doch akzeptabel, denn es würden ja nicht weniger Fahrzeuge werden. Die ÖPNV-Anbindung sei verbesserungswürdig, gerade mit Blick auf die Linie 5, die eigentlich nach Durlach und nicht bis zum Bahnhof fahren sollte. Mehr ÖPNV sei eine Alternative. Sei gewährleistet, dass Lieferverkehr und Lkw überall hinkämen ohne groß rangieren zu müssen? Der Kfz-Verkehr müsse reduziert werden. Wie hoch die Kosten für all diese Maßnahmen wären? („Schilder, Markierungen, Bügel: wäre im normalen Haushalt abbildbar“), ÖPNV attraktiver machen. Die Belastung für Anwohner in der Lederstraße sei jetzt schon hoch; diese würde aber durch diese Maßnahmen massiv steigen! Viele Straßen im Umfeld seien jetzt schon überlastet. („Wenn wir die Zufahrten beschränken, haben weniger Leute Lust, hinzufahren“) Erreichbarkeit und Zufahrt für Anwohner und Anlieger müsse gewährleistet sein. Die Prinzessenstraße sei als Straße nötig, auch für das Scheck-in-Parkhaus und die Ausfahrt aus der Innenstadt, diese dürfe nicht gestrichen werden. („Da müssen weitere Betrachtungen erfolgen“) In der Bienleinstorstraße werde zu schnell gefahren wurde von einer Anwohnerin vorgebracht, da müsste mehr kontrolliert werden. Leder- und Seboldstraße seien jetzt schon überlastet, könnten nicht noch mehr Verkehr aufnehmen, wurde von Anwohnern moniert. Viele Fragen kamen zudem zum Bewohnerparken, ob zum Bedarf, den rechtlichen Aspekten oder zum aktuellen Parkdruck. Vom Handel kam der Einwand, die Erreichbarkeit zu gewährleisten, damit Kunden nicht zum Beispiel zu Einkaufszentren auf der grünen Wiese abwandern. Ob die Betrachtungen auch das Umfeld der Innenstadt im Fokus hatten, auf die dann entstehenden Auswirkungen wie der Verlagerung des Parkdrucks zum Beispiel in die Alte Weingartener Straße („Da wird es weitere Untersuchungen geben“). Warum muss es überhaupt anders werden – es funktioniere doch eigentlich“ Wichtig sei Erreichbarkeit und Angebot durch Handel und Dienstleistung – ablesbar an fast keinen Leerständen in den Geschäften. Warum müsse Durlach verändert werden? Wer die Verwaltung beauftragt habe? („Das erfolgte durch die politischen Vertreter im Ortschaftsrat“) Welche rechtlichen Vorgaben verkehrsberuhigte Zonen hätten. („Da gibt es Vorgaben zur Anzahl der fahrenden Fahrzeuge“) Durlach ist lebenswert, weil es so ist wie es ist mit seinem kompletten Angebot! Wir brauchen die Erreichbarkeit – für jedes Alter. Ein lebendiges Durlach ist kein Thema in der Planung! Es herrsche Angst, Durlach nicht mehr gut zu erreichen. Von einem Anwohner wurden die fehlenden Parkplätze am Finanzamt kritisiert. Von einem Scheck-In-Vertreter kam der Hinweis, dass Zu- und Abfahrten auch für Lkw-Lieferungen mit Hänger problemlos gewährleistet sein müssten. Das Unternehmen leide aktuell unter der Sperrung der Prinzessenstraße. Die Reihenfolge der geplanten und abgestimmten Maßnahmen sei wichtig. („Kurzfristig wird die Einführung der Fußgängerzone durch rechtliche Vorgaben nicht umsetzbar sein“) Die verkehrliche Betrachtung ab 9 Uhr wurde von einer Anwohnerin in der Marstallstraße kritisiert: Ab 7 Uhr sei dort viel los mit Lieferverkehr und Elterntaxis! Da wären mitunter Staus bis zur Pfinztalstraße. („Da wird es weitere Untersuchungen geben“) Durlach ist ein Aushängeschild mit Strahlkraft durch die Angebote: Durlach müsse attraktiv und erreichbar bleiben – auch für alle Altersklassen. Seit den 70er Jahren wird diskutiert über verschiedene Konzepte. Häufigere Kontrollen werden im Ring und in der Pfinztalstraße gefordert. Das vorgelegte Konzept werde dafür sorgen, dass mehr in der Pforzheimer und Pfinzstraße unterwegs sind, monierten Anwohner: Diese Straßen müssten den gesamten Verkehr aufnehmen. Von der Wirtschaftsvereinigung „Durlacherleben“ kamen Bedenken, Handel und Geschäfte würden unter der schlechteren Erreichbarkeit leiden: Ob es Untersuchungen durch die Wirtschaftsförderung gibt? („Aktuell gibt es keine Betrachtung“) Durlach soll vorangebracht werden, da sei ein neues Konzept nötig. Die meisten Besucher sind im Kurzzeitbereich unterwegs. Die vielen Leerstände in der Karlsruher Innenstadt wären ein Beispiel, wie so ein Verkehrskonzept offensichtlich laufen könne. Für die Radroute brauche es wegen des Pflasters in der Altstadt eine Alternative. („Da kommen Verbesserungen. Auch überdachte Fahrradabstalleflächen“) Wie sieht es mit der südlichen Umgehung der Innenstadt aus? Gärtner- und Weiherstraße würden damit mehr Verkehr bekommen, kritisierten Anwohner. Wie kommen ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen in eine Praxis in der Innenstadt? („Taxis dürfen durchfahren“) Der Belag des Pflasters ist für Radler eine Gefahr („Da sind neue Steine aus einem anderen Material geplant“) „Wo soll die Polizei dann fahren? („Die Polizei hat Sonderrechte“) Es sei ein schlüssiges Konzept, wenn auch mit weniger und anderen Zugängen. Einiges lasse sich ja lösen – aber dafür müsse man nicht ganz Durlach umkrempeln. Bei der Planung wurden nicht die Bedürfnisse aller berücksichtigt. Schon jetzt werde in der Fußgängerzone fast kein Rad geschoben, da werde bei einer Verlängerung der Fußgängerzone nicht besser! Das Konzept, das nicht wirklich neu sei, habe zu wenig Ausgleichsvorschläge. („Es ist die Fortschreibung eines Konzepts“) An manchen Stellen müssten auch die Ampelschaltungen angepasst werden, das würde zu weniger schleichverkehr führen. („Das wird noch einmal angeschaut um Verbesserungen zu erreichen“).

Eine Diskussion der vorgebrachten Punkte erfolgte in den rund zwei Stunden der Versammlung auch hörbar im Publikum – und die städtischen Vertreter bekamen auf alle Fälle viele „Hausaufgaben“ für eine zu aktualisierende Planung. Die vorgelegte Planung fand an diesem Abend auf jeden Fall hörbar keine Zustimmung, sondern bekam jede Menge „Verbesserungsanregungen“.

Ist-Betrachtung

Analyse, Parkierung, Verkehrsfluss

Querstraßen

Fortschreibung

Weitere Informationen

Die Videoaufzeichnung zur Veranstaltung ist auf dem YouTube-Kanal der Stadt Karlsruhe abrufbar (siehe Links).

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