„In den letzten Jahren mussten wir leider einen starken Rückgang der Art beobachten“, so Umweltbürgermeisterin Bettina Lisbach. Pestizide und abnehmende Strukturvielfalt in der Agrarlandschaft führen zu Nahrungsknappheit durch Insektenschwund. Oft verlieren Mehlschwalben als Gebäudebrüter auch durch Sanierung Nistmöglichkeiten. Ursprünglich in Kolonien an Felsen beheimatet, bauen die ortstreuen Zugvögel aus lehmhaltiger Erde bevorzugt an Häusern und Scheunen ihre Nester. An Fassadenputz auf Kunstharzbasis – der den traditionellen Kalkputz heutzutage meist abgelöst hat – kann der mit Wasser oder Speichel vermengte Lehm allerdings nicht mehr ausreichend haften. Die Lösung sind künstliche Nisthilfen mit zusätzlich angebrachten Kotbrettchen, die die Hauswand vor Verschmutzungen schützen.
Zahlreiche Rückmeldungen nach Aufruf
Um die eingebrochene Mehlschwalben-Population zu stärken, wurde im vergangenen Jahr durch den Umwelt- und Arbeitsschutz der Stadt Karlsruhe über die lokale Presse ein Aufruf gestartet (s. Artikel zum Thema). Zum einen sollten Nester gemeldet werden, um einen besseren Überblick zur Verbreitung im Stadtgebiet zu erlangen. Ein weiteres Ziel war, Personen für die Betreuung und Kontrolle der Nester zu gewinnen.
Die Anzahl an Rückmeldungen hätten dabei alle Erwartungen übertroffen, so die Verantwortlichen. Viele Vorkommen aus verschiedenen Stadtteilen wurden gemeldet, darunter sieben neue Nester in Durlach-Aue. Etwa 20 sind dort nun bekannt. Für Durlach selbst fehlt es leider noch immer an Informationen, hier ruft das Projektteam weiterhin auf, bekannte Mehlschwalben-Nester zu melden. Beispielsweise sei in Durlach beim „Grünen Krebs“ auf dem Gelände der ehemaligen Badischen Maschinenfabrik ein kleines Vorkommen bekannt, so Clemens Becker von der Artenschutzstiftung des Karlsruher Zoos. Insgesamt 43 Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer hatten sich zudem bereiterklärt, ab Anfang Februar über 80 Nisthilfen und Kotbrettchen an ihren Häusern durch eine Fachfirma anbringen zu lassen. Die Kosten hierfür übernimmt die Artenschutzstiftung, allerdings sei „im Gegenzug eine Spende willkommen“.
In Aue erste Nisthilfen angebracht
Auch Ute und Matthias Pfatteicher gehören dazu. Sie wohnen in der Tiroler Straße in Aue. „Wir hatten früher immer Schwalben“, erinnert sich der Hauseigentümer. Nun hoffen sie, dass in ihren drei angebrachten Doppelnisthilfen rasch neue gefiederte Mieter einziehen werden. Wichtig für die Wahl des Standorts sei ein freier Anflug, so Becker. Zudem sollte ein Dachüberstand vorhanden und die Fassade möglichst hell gestrichen sein – „Sie mögen keine dunkle Fassaden“, weiß der Experte. Alle drei Jahre erfolgt die Reinigung der Bretter durch das Projektteam.
Rund 150 Brutpaare seien in Karlsruhe ansässig, vor allem in den Randbereichen. Damit die Population sich erholt, wird das Projekt fortgesetzt. Schon 50 weitere Nester sind hierfür bestellt. Interessierte können sich an den Umwelt- und Arbeitsschutz der Stadt Karlsruhe wenden (s. weitere Informationen).