Die Biologische Vielfalt, also die Vielfalt von Lebensräumen, Arten und genetischen Varianten, ist weltweit bedroht. Letztlich ist sie die Grundlage auch für unser Leben. Die Vereinten Nationen haben deshalb das laufende Jahrzehnt zur Dekade der Biologischen Vielfalt ausgerufen. Aktuell machen die Naturschutzverbände mit einer Resolution auf das heimische Insektensterben und den Vogelschwund aufmerksam (s. Artikel zum Thema). So wurden bei den periodischen Singvogelzählungen auffällige Rückgänge verzeichnet. Ebenso ist bezeichnend, dass nach aktuellen Beobachtungen die Insektenvielfalt in städtischen Räumen größer ist als auf der Feldflur.
Erhebliche Anstrengungen
Bürgermeister Klaus Stapf: „Die Stadt Karlsruhe ist sich mit den Naturschutzverbänden darin einig, dass die Biodiversität ein unschätzbares Gut ist, weshalb sie auch erhebliche Anstrengungen unternimmt, um sie zu bewahren.“ Was vor Jahrzehnten beispielsweise mit der Ausweisung von Schutzgebieten oder mit naturnahen Umgestaltungen an Gewässern begann, ist heute ein breites Aufgabenfeld, das in viele städtische Handlungsfelder hineinwirkt. Mit der Initiative Grüne Stadt wird auch nach außen deutlich, dass die Stadt die Thematik ernst nimmt.
Rasen- und Wiesenflächen
Von den 567 Hektar Rasen- und Wiesenflächen werden derzeit 124 Blumenwiesen ein- bis zweimal jährlich gemäht. Ergänzend dazu wird an ausgewählten Standorten gebietsheimisches Saatgut von Wiesenkräutern eingebracht, um die standorttypische Entwicklung zu einer artenreichen Pflanzengesellschaft zu beschleunigen. Weitere 306 Hektar erhalten aus Kostengründen eine dreimalige Mulchmahd. Allerdings werden regelmäßig Inseln ausgespart, um an wechselnden Standorten blühende Wiesenkräuter zu erhalten. Ein Pestizideinsatz findet auf städtischen Grünflächen grundsätzlich nicht statt. Auch bei der Verpachtung städtischer Grünflächen an Private wird der Einsatz von Pestiziden vertraglich generell ausgeschlossen.
Forstwirtschaft
In der Forstwirtschaft setzt die Stadt das Alt- und Totholzkonzept des Landes auch auf ihren eigenen Waldflächen um. So werden Lebensräume für die große Zahl totholzbewohnender Arten erhalten. Der Einsatz von Glyphosat im Staats- oder Stadtwald in Form der sogenannten Stockbehandlung gegen den invasiven Neophyt Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) wurde bereits vor drei Jahren aufgrund der FSC-Zertifizierung beendet. Andere synthetische Pestizide werden im Wald nicht angewendet.
Landwirtschaftliche Flächen
Auch auf ihren selbst bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen geht die Stadt schonend mit der Natur um. Die Wiesen werden in der Regel extensiv gepflegt, das heißt zweimalige Mahd mit Abräumen des Mähgutes. Bei Ansaaten wird grundsätzlich heimisches Saatgut verwendet und es werden entsprechende Möglichkeiten der Bewirtschaftung genutzt, wie beispielsweise der Mähgutübertrag. Für den Umgang mit Brachflächen hat die Stadt ein Konzept entwickelt, ein Streuobstwiesenkonzept ist in Arbeit.
Landwirtschaftliche Flächen, die von der Stadt selbst bewirtschaftet werden, sind bio-zertifiziert. Es werden dort keine chemischen Erzeugnisse ausgebracht. Hier werden aber auch die Grenzen der städtischen Einflussnahme deutlich. Pestizide, die nach der Gesetzeslage zugelassen sind, kann die Stadt auf ihren verpachteten Äckern nicht verbieten. Es kann lediglich die ordnungsgemäße Anwendung überwacht werden. Auch indirekt fördert die Stadt die Biodiversität. Gegenwärtig werden in Schulen und anderen städtischen Einrichtungen forciert „Bio“-zertifizierte Speisen angeboten. Neben dem Ziel der besseren Gesundheitsvorsorge soll damit auch die biologische Landwirtschaft gefördert werden.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Stadt betreibt auch gezielt Öffentlichkeitsarbeit, um die Privateigentümer anzusprechen: mit Hinterhof- und Blumenschmuckwettbewerben oder der Auszeichnung von Grünbereichen in Industrie- und Gewerbegebieten. Der ökologische Aspekt, etwa die Anlage von Naturgrün im Privatgarten, soll künftig noch mehr Gewicht erhalten.
Grüne Stadt
Die Initiative „Meine Grüne Stadt Karlsruhe“ bietet hierfür eine geeignete Plattform. Zum einen kann über städtische Zielkonzepte (Alt- und Totholzkonzept, Streuobstkonzept, Ausweisung von Schutzgebieten und geschützten Objekten, gegebenenfalls Artenschutzkonzept und anderes) steuernd Einfluss im Hinblick auf eine positive Entwicklung genommen werden, zum anderen können mit Bürgerbeteiligungsprojekten neue Wege gefunden werden, um verbreitet die Biodiversität zu fördern.