Käptn Mike macht wieder die „Leinen Los“

Michael Kuppinger alias Käptn Mike und „Leinen Los“-Initiator Carsten de la Porte beim „morgentlichen Apell“ an Bord. Foto: dlp

Michael Kuppinger alias Käptn Mike und „Leinen Los“-Initiator Carsten de la Porte beim „morgentlichen Apell“ an Bord. Foto: dlp

Zum 8. Mal geht das inklusive Segelprojekt für Menschen mit und ohne Handicap von Cent hinterm Komma wieder an Bord.

Michael ist schon ganz aufgeregt. Zum ersten Mal darf er mit dem Skipper nach hinten zum Steuer und darf es übernehmen, um den Dreimaster „Grotvoorst“ durch die raue See des Ijsslemeers zu steuern. Schnell nochmal die eigens für den Törn gekaufte Kapitänsmütze richten und los geht’s. Michael ist zum ersten Mal dabei, hat das Down Syndrom und wusste eigentlich gar nicht so recht, auf was er sich da einlassen würde. Eine Woche Urlaub auf einem Schiff. Allerdings, dass es nicht so sein würde wie auf einem der großen Kreuzfahrtkähne war bereits beim Vorgespräch klar. „Jeder muss anpacken“, so Steffen Mross der innerhalb des vierköpfigen Teams für alle Segelfragen zuständig ist. „Jeder an seinem Platz und nach seinen Möglichkeiten“, dies die Prämisse des Konzepts „Leinen Los“, das jetzt schon zum achten Mal in Folge vom Verein „Cent hinterm Komma“ durchgeführt wird.

30 Menschen mit und ohne Handicap gehen eine Woche lang im holländischen Ijsselmeer auf große Fahrt und machen gemeinsam Urlaub. „Wir haben von Anfang darauf verzichtet, sogenannte Betreuer mitzunehmen“, so Carsten de la Porte, seines Zeichens Geschäftsführer von Cent hinterm Komma und Initiator des Projekts. Gemeinsam mit Steffen Mross, der dies bereits während seiner Zivildienstzeit bei der Lebenshilfe umgesetzt hat, hatte er die Idee nach 20 Jahren wieder aufleben lassen, segeln zu gehen mit Menschen, die eine Beeinträchtigung haben. Doch es sollte keine „Freizeit für Behinderte“ sein, sondern ein Angebot, dass jedem offen stehen würde – egal ob mit oder ohne Handicap. Und so entwickelte man das Konzept „Leinen Los“, das darauf basiert, dass eine Gruppe von Menschen mit und ohne Handicap einfach eine Woche Urlaub macht und miteinander Spaß hat. Mit der ausgewählten Reederei in Holland fand man auch gleich einen sehr aufgeschlossenen Partner, der seinen Teil dazu beitrug in Form von subventionierten Preisen und ausgewählten Skippern, die sich auf eine solche Passagier-Konstellation einlassen konnten.

Und, so die Verantwortlichen, fand sich auch immer eine ausgewogene Mischung was die Teilnehmer angeht. Menschen mit geistiger Behinderung, einfach nur Segelbegeisterte, Führungskräfte aus Unternehmen, die einen einwöchigen Seitenwechsel vollzogen, um deren Personalführungs-Kompetenz zu stärken, selbst ein „blinder Passagier“ fährt seit einigen Jahren mit seiner Tochter mit. „Wir waren sogar mal kurz davor einen Rolli mitzunehmen. „Zwar nach langer Überlegung, aber mit dem Entschluss – wir schaffen das“, so de la Porte. Leider hat der Interessent dann von sich aus abgesagt.

Vorreiter im Bereich der Inklusion

„Leinen Los“ gilt als eines der prägendsten Projekte, die der Verein im Rahmen von Inklusion während seiner fast 20 jährigen Tätigkeit in  Karlsruhe umgesetzt hat. Nicht nur die zahlreichen Auszeichnungen, wie dem Kinderfreundlichkeitspreis oder die Ehrenurkunde der Robert-Bosch-Stiftung bis hin zur Ehrung des ehrenamtlichen Engagements durch den Oberbürgermeister sind Zeugnis dafür, dass Cent hinterm Komma gemeinhin als einer der Vorreiter im Bereich der Inklusion gilt, wenn es darum geht in Karlsruhe aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu realisieren. Projekte wie die „Durlach Turnados“ oder der Bau des ersten barrierefreien Spielplatzes in Karlsruhe bis hin zur Installation einer stufenlos verstellbaren Kletterwand in einer öffentlichen Kletterhalle, an denen der Verein maßgeblich und richtungsweisend beteiligt ist, sind Beweise dafür, dass stets der Mensch im Vordergrund steht. „Unser großer Vorteil gegenüber teils eher unbeweglicheren großen Trägern besteht darin, dass wir stets an der Basis sind und mit den Menschen direkten Kontakt haben“, so de la Porte. „Mir ist es wichtig dabei zu sein, wenn es auf große Segelfahrt geht oder bei den Special Olympics mittendrin statt nur dabei zu sein“, so der 47-jährige Fundraiser weiter. Seit nunmehr vier Jahren zeichnet er auch verantwortlich für die Behindertenbetreuung beim KSC. „Das heißt jedes Wochenende Vollkontakt, egal ob Heim- oder Auswärtsspiel. Aber genau das macht es aus. Ansonsten wäre das auch nur ein Bürojob“.

Mit dem alljährlichen Segeltörn in Holland setzen die Verantwortlichen ein Highlight, dass sich stetig zunehmender Beliebtheit erfreut. „Wir könnten zwei Schiffe voll kriegen wenn es nach der Warteliste ginge“, so Steffen Mross. Dafür fehlten aber dann doch die finanziellen Mittel. Jeder Teilnehmerplatz wird von „Cent hinterm Komma“ und somit aus Spendengeldern subventioniert, denn ansonsten könnten es sich diese Menschen gar nicht leisten diese einzigartige Freizeitmaßnahme in Anspruch zu nehmen. Auf dem Schiff herrscht auf jeden Fall immer gute Laune und dies ist für die Verantwortlichen von Cent hinterm Komma der größte Erfolg bei dem ganzen Projekt.

Und Käpt Mike? Kombüsenchef Oli kommt irgendwann an Deck mit einem Blech selbstgemachter Schmelzkäsebrötchen und bittet zur Zwischenmahlzeit. Nur Käpt Mike sagt dankend Nein mit den Worten: „Keine Zeit, ich muss wieder an die Arbeit, der Skipper braucht mich am Steuer“. Na dann, volle Fahrt voraus.

Weitere Informationen

Cent hinterm Komma® e.V. (Infos uns Links zum Unterstützen) auf Durlacher.de