Nach im Frühjahr beobachteten Paarungen hatten die Verantwortlichen bereits im Mai mit kleinen Luchsen gerechnet, was aber nicht eintrat. „Das ist sensationell, dass es doch noch geklappt hat, obwohl es so spät im Jahr eher unwahrscheinlich war“, sagt Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt.
Die Freude beim Zoochef ist auch deshalb so groß, da die Nachkommen von Viorel und Eva von ihrer Genetik her potentiell für eine Auswilderung geeignet sind. Luchse waren ursprünglich auch in den Wäldern Baden-Württembergs heimisch und wurden vor rund 200 Jahren ausgerottet. In den vergangenen zwei Jahrzehnten konnten immer wieder Zuwanderungen von einzelnen – allerdings ausschließlich männlichen – Luchsen nachgewiesen werden.
Jungtiere aus dem Zoo Karlsruhe könnten später ausgewildert werden
Um die Situation der Luchse im Land und damit auch in den angrenzenden Vorkommen zu verbessern, wurde im vergangenem Winter der erste Luchs, ein Weibchen, im Land zur Bestandsstützung ausgewildert. Das weibliche Tier starb allerdings an der Infektionskrankheit Staupe, die nur äußerst selten durch Füchse auf Luchse übertragen wird. Trotz dieses Tiefschlags stehen alle Beteiligten weiter uneingeschränkt hinter den Auswilderungen, ohne die keine eigenständige Luchspopulation im Schwarzwald denkbar ist.
Das vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) ins Leben gerufene Projekt zur Bestandsstützung der Luchse im Schwarzwald wird von der Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Kooperation mit dem Landesjagdverband, dem WWF Deutschland und dem Zoo Karlsruhe als Partner umgesetzt. Die Zootierärzte sind auch die Veterinäre des Projekts.
„In unserem naturnahen Gehege haben sie gute Voraussetzungen“
„Wie schön wäre es, wenn auch aus dem Zoo Karlsruhe mal ein Tier für diese Auswilderungen ausgewählt werden würde. Vielleicht ja schon von diesen beiden Jungtieren, die wir jetzt auf den Überwachungskameras entdeckt haben“, freut sich Zootierarzt Dr. Marco Roller. „In unserem naturnahen Gehege haben sie schon mal gute Voraussetzungen. Das zeigt sich schon alleine dadurch, dass wir sie im starken Bewuchs bislang nicht gesehen hatten.“ Die Anlage im Zoo wurde direkt abgesperrt, um die Tiere mit möglichst geringem Menschenkontakt aufwachsen zu lassen.
Neues Luchs-Gehege im Oberwald geplant
Im Tierpark Oberwald, der Dependance des Zoo Karlsruhe mitten im Wald, wird noch in diesem Jahr zusätzlich ein 5.000 Quadratmeter großes Gehege gebaut. Darin sollen zukünftig junge Luchse, nachdem sie nicht mehr auf das Muttertier angewiesen sind, auf eine Auswilderung vorbereitet werden. Die Anlage wird vier etwa gleich große Teilbereiche erhalten sowie ein kleineres Separationsgehege. Die geschätzten Baukosten von rund 300.000 Euro werden vom WWF Deutschland, der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe sowie aus Projektgeldern des MLR bezahlt.
Neben Bestandsstützungen in Baden-Württemberg könnten weitere Projekte in Deutschland und Europa mit Luchsen aus Karlsruhe versorgt werden. Aktuell gibt es mehr als 20 Paare im Erhaltungszuchtprogramm in Tiergärten des Europäischen Zooverbands EAZA, deren zukünftige Jungtiere für Auswilderungen infrage kommen, unter anderem Eva und Viorel im Zoo Karlsruhe.