Ungewöhnliche Geräusche sind derzeit aus dem Karlsruher Stadtwald zu hören, lautes Kauen und Schmatzen und zwischendurch Gemecker und Blöken. Ziegen und Schafe fressen sich durch dichtes Gebüsch und hohe Goldrutenfelder. An verschiedenen Stellen sollen sie helfen, Artenvielfalt zu fördern und eingewanderte Pflanzen, die sich zu stark ausbreiten, zurückzudrängen. Das Forstamt arbeitet seit diesem Jahr mit verschiedenen Schäfern und ihren Tieren zusammen und versucht gemeinsam mit ihnen, für jede Fläche die richtigen Tiere zu finden. Ziegen sind Spezialisten für Gebüsche, dornige Pflanzen und fressen sogar Kirschlorbeer. Letzterer breitet sich stark in klimageschädigten Wäldern aus und verhindert, dass neuer Wald nachwächst.
Dort, wo bereits junge Bäume wachsen und durch Wuchshüllen geschützt sind, kommen die sanfteren Schafe zum Einsatz, da sie auf krautige Pflanzen und Gras spezialisiert sind und die Bäumchen in Ruhe lassen. Goldrute, Brennnessel und Schlingpflanzen nehmen den Bäumen Wasser, Licht und Platz zum Wachsen. Normalerweise entfernt das Forstwirtteam jedes Jahr die Konkurrenzvegetation mit Hilfe von Freischneider, Gebüschmäher, Sense und Sichel. Das passiert so oft und so lange, bis die Bäume groß genug sind und genügend Schatten spenden, dass sich lichte Waldbodenpflanzen ausbreiten.
Durch ihr Fressverhalten bringen sowohl die Schafe als auch die Ziegen eine ganz neue Dynamik in die Vegetation. Und die Samen, die sie in ihrem Fell mitbringen, erhöhen die Artenvielfalt. Ganz einfach ist das Experiment im großstadtnahen Raum nicht, aber wenn Waldbesuchende und Hundehalter sich rücksichtsvoll verhalten, die Tiere beobachten und nicht füttern, kann es gelingen, den Karlsruher Stadtwald noch ein bisschen vielfältiger zu machen.