Das Verkehrskonzept Durlach ist – gerade jetzt im Wahlkampf – ein polarisierendes Thema (siehe Artikel zum Thema). Die Initiatoren der „Unterschriftenaktion für den Erhalt des bewährten Verkehrskonzepts“ versuchen seit geraumer Zeit, das Thema so sachlich wie möglich anzugehen. Auf die Frage, warum das Thema erst jetzt so vehement diskutiert wird, antwortet Kammerer: „Das Verkehrskonzept ist in Ansätzen seit 2012 bekannt. wurde aber zehn Jahre lang mit wenig Offenheit und Transparenz seitens der Politik und der Stadt schlecht kommuniziert.“ „Erst im März 2023 gab es einen Workshop mit einem versprochenen offenen Ende“, so Eberstadt weiter, „aber plötzlich wurde ein Konzept beschlossen, das wenig durchdacht und vor allem gegen einen mehrheitlichen Bürgerwillen arbeitet.“
Ein erstes Alarmsignal sei die 2020 abgeschaffte „Brötchentaste“ gewesen, bei der man an vielen Stellen in Durlach 30 Minuten kostenlos hatte parken können (siehe Artikel zum Thema). Die Gewerbetreibenden sehen hier einen einseitigen „Verbannungsversuch“ des Autos aus der Innenstadt – ohne jegliche Alternative.
Für ein ökologisches und ökonomisches Durlach
„Wir wünschen uns ein Gesamtkonzept, dass sowohl ökologisch, als eben auch ökonomisch miteinander arbeitet“, so Eberstadt und Kammerer unisono: „Wir Gewerbetreibende sind darauf angewiesen, dass zahlende Besucher auch aus dem Umland kommen.“ Die Befürchtung liege nahe, dass zukünftig die Entscheidung zum Einkauf auf Orte fallen werde, die mit dem Auto gut oder besser als Durlach zu erreichen sind.
„Grundsätzlich ist in Durlach alles fußläufig erreichbar, aber ich muss mit dem Auto Durlach zumindest nahe anfahren können“, konstatiert Eberstadt als Betreiberin eines Teefachgeschäfts in der Pfinztalstraße. Sie spricht dabei die Pläne des Baus eines Parkhauses neben der noch existierenden Festhalle an. Zuletzt wurde dieses Thema im Februar 2023 im Ortschaftsrat behandelt. Grundsätzlich sei ein Bau an diesem Standort laut Stadtverwaltung möglich. Jedoch müsse aufgrund der Lage in diesem Bereich wohlüberlegt vorgegangen werden, so der Tenor der Räte in der damaligen Sitzung. Auch die Finanzierung durch einen Investor sei denkbar (weitere Information siehe „Links“).
20er-Zone prüfen
Was beide auch nicht nachvollziehen können, ist die Tatsache, dass es in der ganzen Diskussion nur um Fußgänger- oder 30er-Zonen zu gehen scheint. „Warum wird nicht ernsthaft die Einrichtung einer 20er-Zone überprüft, wie es andere Städte und Gemeinden auch tun?“, fragt sich Kammerer, der ein mediterranes Lebensmittelfachgeschäft und Café am Saumarkt betreibt. „Und ja, ich fahre sicher auch gerne zügig, die Einhaltung dieser Geschwindigkeit lässt sich gut mit einem Blitzer regeln, Wolfartsweier macht das vor“. Hintergrund ist, dass bei der Umgestaltung eines verkehrsberuhigten Bereichs in eine 30er-Zone Gehwege angelegt werden müssten, was mit Verlust von Parkplätzen einhergehen würde. Mit einer 20er-Zone wären keine Umbaumaßnahmen nötig und dieser Schritt würde sowohl ökologisch als auch ökonomisch den Wünschen und Vorgaben aller Rechnung tragen, so die beiden Initiatoren.
„Und ganz frei von Fahrzeugen würde die neue Fußgängerzone sowieso nicht“, ergänzt Eberstadt: „Da fährt ja die vierte Möglichkeit, mit der man nach Durlach kommen kann, nämlich die Tram, weiterhin durch“. Die Gewerbetreibenden wünschen sich einen gesunden Mix aus allen Beförderungsmöglichkeiten und appellieren gleichzeitig an Mitmenschen, ob es denn bei jeder Kleinigkeit wirklich das Auto sein muss.
Aktionen gegen Falschparken
Auch dem Falschparken will die Initiative mit Aktionen begegnen und über das Fehlverhalten und dessen Konsequenzen aufklären – und das für alle in Durlach. „Wir wollen die Leute stärker abholen, informieren und einbeziehen“, richtet sich Eberstadt an die Menschen, denn die Folgen seien erheblich, sollte sich die Wirtschaftskraft des Handels schwächen. „Das zieht einen Rattenschwanz nach sich“, Kammerer: „Dienstleister, die Kunden brauchen, Vereine, die Sponsoren suchen, die Stadt, die die Gewerbesteuer braucht.“
Mit den rund 1.400 gesammelten Unterschriften zum Stopp der Umsetzung des neuen Verkehrskonzepts wollen die Gewerbetreibenden die Karten neu mischen und gemeinsam mit den politischen und kommunalen Entscheidungsträgern Alternativen anbieten. Die Unterschriften werden zeitnah übergeben – mit dem Wunsch, neue Gespräche aufzunehmen.