2014 gelang dem Durlacher Referenten Georg Kabierske M.A. als Abiturient während eines Praktikums an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe die Neuzuschreibung von über 297 Zeichnungen in zwei Klebealben an Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) und seine Werkstatt. Sie galten bis dahin als Arbeiten des badischen Architekten Friedrich Weinbrenner (1766–1826), aus dessen Nachlass die Alben stammen.
Ein in der Folge gestartetes Forschungsprojekt, finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Schweizer Nationalfonds, brachte vielschichtige Bezüge zu internationalen Sammlungen etwa in New York, London und Paris ans Licht. Die Ergebnisse können seit Anfang 2023 auf der Website „In Piranesis Werkstatt – Die Karlsruher Alben“ eingesehen werden (siehe Links).
In dem Vortrag soll der italienische Druckgrafiker, Antikenforscher und Architekt einer allgemeinen Öffentlichkeit vorgestellt sowie die Bedeutung und wichtige Erkenntnisse der Karlsruher Zeichnungen erläutert werden. Diese lassen erstmals einen Einblick in die komplexe Arbeitsteilung innerhalb von Piranesis Werkstatt und seiner Mitarbeiter zu, die sein vielschichtiges Werk aus über 1000 Radierungen, architekturtheoretischen und archäologischen Publikationen, Architekturentwürfen und dekorativen Skulpturen überhaupt erst ermöglichten. Aber auch die lokale Nachwirkung des Karlsruher Konvoluts ist bemerkenswert. Denn die Zeichnungen, die überwiegend antiken Baudekor zeigen, inspirierten Friedrich Weinbrenner nicht nur für eigene Bauten wie etwa das Markgräfliche Palais in Karlsruhe, sondern dienten überdies als Kopiervorlagen für seine Schüler.
Zum Referenten
Georg Kabierske wurde 1994 in Karlsruhe geboren und wuchs in Durlach auf, wo er 2014 das Abitur am Markgrafen-Gymnasium absolvierte. Im Juli 2014 folgte ein vierwöchiges Praktikum am Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, während dem die Neuidentifikation von Zeichnungen Giovanni Battista Piranesis und seiner Werkstatt in zwei Alben aus dem Besitz von Friedrich Weinbrenner gelang. Bereits im Jahr darauf, 2015, konnte er über den Fund in zwei Aufsätzen berichten, weitere Publikationen folgten.
Im Herbst 2014 begann sein Studium der Europäischen Kunstgeschichte und Klassischen Archäologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, das er 2018 mit der Bachelorarbeit „Der sculpteur d’ornement Nicolas Lhuillier (um 1736 -1793) und der goût à l’antique in Paris“ abschloss. Danach wechselte er zum Masterstudium Kunstgeschichte an die Ludwig-Maximilians-Universität in München, das er 2020 mit einer Masterarbeit über „Römische Lehrjahre. Zum Zeichnen und Sammeln von Bauornamentik in Rom in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts“ beendete. Seine Masterarbeit wurde mit dem Heinrich-Wölfflin-Preis 2020 des Freundeskreises des Institutes für Kunstgeschichte der Universität München e.V. ausgezeichnet.
Seit Studienbeginn ist er dem durch den Fund initiierten interdisziplinären Piranesi-Forschungsprojekt an der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe assoziiert, zeitweise als Werkstudent und schließlich 2021/22 als wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Erstellung von Katalogartikeln und Essays für die öffentlich zugängliche Datenbank „In Piranesis Werkstatt – Die Karlsruher Alben“. Außerdem erfolgten seit 2014 weitere Entdeckungen in internationalen Sammlungen wie etwa ein barocker Gartenplan des französischen Schlosses Selles-sur-Cher im Nationalmuseum in Stockholm oder die Auffindung eines großen gezeichneten Panoramas der Stadt Luxemburg von 1753 im Depot der Albertine in Wien, das verschiedene Publikationen und eine Ausstellung im City Museum in Luxemburg zur Folge hatte.
Seit Mai 2022 ist Kabierske Promotionsstudent der Kunstgeschichte an der Philipps-Universität Marburg mit einer Dissertation zum Thema: „Zwischen künstlerischem Unikat und Manufakturprodukt. Das Relief im Baudekor des Klassizismus 1770-1840“.
Seine Forschungsschwerpunkte sind: Piranesi und sein Umkreis; Friedrich Weinbrenner; Kunst, Architektur und Gartenkunst des 16. – 19. Jh. mit besonderem Fokus auf Deutschland und Frankreich; Druckgrafik und Handzeichnungen; Motiv- und Ideentransfer in der europäischen Kunstgeschichte; Denkmalpflege.
Der Eintritt ist frei, Spenden willkommen.