Wie eine aufgehende Sonne wirkt die Null in der Jahreszahl 2023. Das Symbol ist derzeit allgegenwärtig im Stadtbild von Temeswar, denn „Shine your light!“ („Lass dein Licht leuchten“) lautet das Motto der rumänischen Metropole als Europäische Kulturhauptstadt 2023.
Eröffnet wurde der Veranstaltungsreigen des Hauptstadtjahres am vergangenen Wochenende – und auch Temeswars Partnerstadt Karlsruhe ließ dabei ein Licht leuchten. Als einzige unter den 16 Partnerstädten Temeswars hatte Karlsruhe einen eigenen Beitrag zu den Eröffnungsfeierlichkeiten beigesteuert. Tänzerinnen und Tänzer des Badischen Staatstheaters waren auf der Fassade der Oper und anderer Gebäude der Stadt als Videoproduktion zu sehen. Der Künstler Jonas Denzel hatte sie für sein Projekt „Ballets of the cities“ gefilmt, das er vom Beam-Bike, einem speziell ausgerüsteten Lastenrad auf die Spielorte projizierte.
„Ballets of the cities“ als offzieller Beitrag im Eröffnungsprogramm
Jonas Denzel, den „wir sozusagen als Geschenk mitgebracht hatten“, so Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, war indes nicht der einzige Gast aus der Fächerstadt. Vielmehr hatte sich eine größere Delegation aus Mitgliedern des Gemeinderats, Vertretern städtischer Ämter und des Freundeskreises Karlsruhe – Temeswar auf die Reise ins Banat gemacht, die wegen eines Flughafenstreiks teilweise etwas anders als geplant verlief. Daher trafen die meisten Karlsruher Gäste erst vor Ort ein, als die Eröffnungsgala unter anderem mit Ministerpräsident Nicolae Ciucă, EU-Kommissarin Adina Vălean und zahlreichen Botschaftern bereits über die Bühne gegangen war.
Dessen ungeachtet erlebten die Besucher aus dem Badischen Temeswar als „eine Stadt, die nicht stillsteht”, wie sie ihr Oberbürgermeister Dominic Fritz charakterisierte. Das Kulturhauptstadt-Eröffnungsteam hatte ein wahrlich beeindruckendes Programm mit zahlreichen Ausstellungen, Events, Vorträgen und Konzerten auf die Beine gestellt, um die Vorteile der Diversität in der multikulturellen Stadt zu unterstreichen. „Vielfalt ist Kraftquelle“, sagte OB Fritz, Temeswar wolle mit seiner Geschichte Mut machen, denn „uns verbinden Jahrhunderte europäischer Migrationsgeschichte“. Noch heute sind in der 300.000-Einwohner-Stadt die deutsche wie die ungarische Minderheitensprache präsent, wer genau hinschaut, findet auch Relikte der türkischen Besatzungszeit.
Vertiefte Zusammenarbeit beschlossen
Ein wichtiges Element der Vielfalt seien Städtepartnerschaften, waren sich die beiden Rathauschefs aus Karlsruhe und Temeswar einig. „Sie sind eine der Grundsteine, auf denen wir Europa aufbauen können“, unterstrich OB Mentrup bei einem Empfang für die Partnerstädte im Temeswarer Rathaus. Das vor wenigen Monaten gefeierte 30-jährige Bestehen der Städtepartnerschaft habe die gegenseitigen Beziehungen vertieft, nun gelte es darauf aufzubauen, vor allem bei der kulturellen Zusammenarbeit. Hier nannte das Stadtoberhaupt als großes Thema die Medienkunst, er könne sich vorstellen, Temeswar in das Netzwerk der UNESO Cities of Media Arts aufzunehmen. Zudem sollen die Partnerschaften zwischen den Schulen und Hochschulen ausgebaut werden, ebenso wie gemeinsames Musizieren und wechselseitige Kunstausstellungen. Des Weiteren regte Mentrup an, türkischstämmige Kulturschaffende aus Karlsruhe mit einzubinden, was dazu beitragen könnte, ein früheres Feindbild endgültig zu überwinden.
Ganz aktuell sei aber erst einmal – auch in Karlsruhe – kräftig Werbung für das „sehr beeindruckende“ Kulturhauptstadt-Programm Temeswars zu machen. Hier böten sich beispielsweise „Das Fest“ oder die Schlosslichspiele als Bühne an.