BaWü: Photovoltaik-Pflicht für alle neuen Wohngebäude ab 1. Mai 2022

Die Nutzung der Solarenergie soll in Baden-Württemberg vorangetrieben werden. Foto: Markus Distelrath / Pixabay

Die Nutzung der Solarenergie soll in Baden-Württemberg vorangetrieben werden. Foto: Markus Distelrath / Pixabay

Ab 1. Mai 2022 gilt in Baden-Württemberg die Photovoltaik-Pflicht für neue Wohngebäude, ab Januar 2023 greift diese auch bei allen grundlegenden Dachsanierungen. Das Kabinett hat eine entsprechende Änderung der bestehenden Verordnung beschlossen.

Nächster Schritt der Solar-Offensive Baden-Württemberg: Ab 1. Mai 2022 gilt die Photovoltaik(PV)-Pflicht für neue Wohngebäude, ab Januar 2023 greift diese auch bei allen grundlegenden Dachsanierungen. Eine entsprechende Änderung der bestehenden Verordnung hat das Kabinett beschlossen.

Umwelt- und Energieministerin Thekla Walker betont die Notwendigkeit der Photovoltaik-Pflicht: „Nur mit enormen und gemeinsamen Kraftanstrengungen wird es uns gelingen, die Klimakrise zu stoppen und uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle zu lösen. Wie wichtig das ist, hat uns der brutale russische Angriff auf die Ukraine schmerzhaft vor Augen geführt. Unser vorrangiges Ziel muss der schnelle Ausstieg aus den fossilen Energieträgern und der massive Ausbau der Erneuerbaren Energien sein.“ Sonnenstrom nehme hierbei eine bedeutende Rolle ein, sagt die Ministerin.

PV-Anlagen als wichtiger Beitrag für eine nachhaltige Energieversorgung

Die PV-Pflicht ist beim Neubau von Wohngebäuden von allen Bauherrinnen und Bauherren zu berücksichtigen, deren Antrag auf Baugenehmigung beziehungsweise deren Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren ab 1. Mai bei der jeweils zuständigen unteren Baurechtsbehörde eingeht. Im Falle grundlegender Dachsanierungen greift die Pflicht bei einem Baubeginn ab dem 1. Januar 2023. Seit dem 1. Januar 2022 gilt die PV-Pflicht bereits für den Neubau von Nichtwohngebäuden wie etwa Hallen oder Firmendächer sowie von offenen Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen (siehe Artikel zum Thema).

Mit dem Klimaschutzgesetz hat sich Baden-Württemberg das Ziel gesetzt, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz durch Reduzieren der Treibhausgas-Emissionen zu leisten und zugleich zu einer nachhaltigen Energieversorgung beizutragen. Um die vorgegebene Klimaneutralität mit Netto-Null-Emissionen bis 2040 zu erreichen, ist die PV-Pflicht unabdingbar.

Neu: Definition einer grundlegenden Dachsanierung

Eine entsprechende Photovoltaik-Pflicht-Verordnung mit näheren Bestimmungen für den Neubau von Nichtwohngebäuden und Parkplätzen trat zu Beginn des Jahres in Kraft. Im Zuge der Klimaschutzgesetz-Novelle hat das Umweltministerium die Verordnung nun an die jetzt neu hinzukommenden PV-Pflichten angepasst.

Ein zentrales Element der Änderungsverordnung ist die genaue Definition einer grundlegenden Dachsanierung. Festgehalten werden in der Verordnung unter anderem auch der Umfang der Mindestnutzung eines Daches mit PV-Anlagen oder Regelungen für eine Befreiung von der PV-Pflicht, etwa wenn deren Erfüllung im Einzelfall wirtschaftlich unzumutbar ist.

80 Prozent der Dachflächen für Solarnutzung geeignet

Rund 50 Verbände, Behörden und weitere Institutionen konnten ihre Stellungnahmen zur Änderung der PV-Pflicht-Verordnung abgeben, unter anderem aus den Bereichen Umwelt, Wirtschaft, Handwerk, Kommunales, Verbraucherschutz, Sport und Kirche. Insgesamt gingen 27 Stellungnahmen ein.

Laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg wurden in den Jahren 2016 bis 2020 durchschnittlich 14.300 Wohngebäude jährlich neu errichtet. Es wird angenommen, dass grob geschätzt 80 Prozent der entstehenden Dachflächen grundsätzlich für eine Solarnutzung geeignet sind. Dies gilt auch für Dachflächen von Bestandsgebäuden.

Ministerin Walker sagt: „Sonnenstrom ist schon heute die Stütze der Energiewende in Baden-Württemberg und wir nehmen hier bereits heute bundesweit eine Spitzenposition ein.“ Das kleine Kraftwerk auf dem Dach helfe nicht nur dem Klima, sondern spare am Ende auch noch Geld.

Klimaneutralität bis 2040

Baden-Württemberg hat sich mit dem novellierten Klimaschutzgesetz vom Sommer 2021 das ambitionierte Ziel gesetzt, bis spätestens 2040 klimaneutral zu sein. Bereits 2030 soll eine Treibhausgasreduktion um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 erfolgen.

Zum Erreichen dieses Ziels braucht es die Energiewende. Die Photovoltaik belegt mit einem Anteil von gut 14 Prozent den Spitzenplatz unter den Erneuerbaren in Baden-Württemberg. Für ihren Ausbau soll das bislang nur zu etwa 11 Prozent genutzte Potenzial auf Dächern weiter erschlossen werden.

Stellungnahme des Dachdeckerhandwerks BW

Landesregierung BW will offenbar PV-Pflicht auf Biegen und Brechen

Dass Dach- und Fassadenflächen in Zukunft stärker zur erneuerbaren Energiegewinnung genutzt werden müssen, ist unstrittig. Es kommt dabei weniger auf das „ob“, sondern vielmehr auf das „wie“ an. Das baden-württembergische Dachdeckerhandwerk ist bereit, die Energiewende im Gebäudesektor maßgeblich voranzutreiben. Doch der jetzt vorgelegte Verordnungsentwurf stellt dafür eine denkbar ungeeignete Grundlage dar.

„Nachdem im vergangenen Monat die Verbändeanhörung zum Referentenentwurf der geänderten PV-Pflicht-Verordnung bereits in Rekordtempo durchgepeitscht wurde, soll nun in Kürze der offizielle Kabinettsbeschluss folgen“, erklärt Karl-Heinz Krawczyk, Landesinnungsmeister des Landesverbands des Dachdeckerhandwerks Baden-Württemberg. Der Verordnungsentwurf lasse bislang mehr als nur eine Frage offen. Insbesondere das Verständnis des Umweltministeriums, welche baulichen Maßnahmen einer grundlegenden Dachsanierung entsprächen, hinterlassen große Fragezeichen.

Landesinnungsmeister Krawczyk: „An der Fassung der geänderten PV-Pflicht-Verordnung, die kurz vor der Verabschiedung steht, ist sehr gut zu erkennen, was geschieht, wenn die entsprechenden Fachgewerke nicht ausreichend einbezogen und angehört werden.“

Im Gebäudebestand soll die Pflicht zur Installation einer PV-Anlage künftig nicht pauschal, sondern erst im Falle einer grundlegenden Dachsanierung ausgelöst werden. Als problematisch erweist es sich jedoch, dass laut des vorgelegten Verordnungsentwurf unter einer „grundlegenden Dachsanierung“ alle Baumaßnahmen zu verstehen sind, bei denen die Abdichtung oder die Eindeckung eines Daches vollständig erneuert wird. Eine Erneuerung der unter der Abdichtung oder Eindeckung eines Daches liegenden Lattungen, Schalungen oder Dämmschichten wird nicht vorausgesetzt. Unabhängig davon, ob sich dies aus anderen Rechtsvorschriften wie dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) ergibt.

„Die bisherige Begriffsbestimmung einer grundlegenden Dachsanierung lässt den Schluss zu, dass in Zukunft jede klassische Umdeckung ausreichen könnte, um den Tatbestand der PV-Pflicht auszulösen. Das ist weder aus ökologischer noch aus ökonomischer Sicht sinnvoll“, hebt Karl-Heinz Krawczyk hervor.

Ein wichtiger Aspekt, der bei der Installation von PV-Anlagen auf Bestandsdächern immer berücksichtigt werden muss, ist die Feuchtigkeit im Dachpaket und der Zustand des Daches. Der Status Quo des aktuellen Daches ist anfangs zwingend zu ermitteln. Je nach ermitteltem Dachzustand kann es nämlich Sinn machen, eine Sanierung vorzuziehen und erst dann die PV-Anlage zu installieren.

Krawczyk abschließend: „Es darf insgesamt nicht so weit kommen, dass wir nun damit anfangen, flächendeckend auf energieineffizienten Dächern ohne energetische Dämmung massenhaft PV-Anlagen zu installieren, die bereits nach wenigen Jahren wieder demontiert werden müssen, weil die Dämmung ausgetauscht werden muss. Wenn das jedoch die verfolgte Zielsetzung der grün-schwarzen Landesregierung ist, haben wir definitiv eine grundsätzlich andere Auffassung davon, was Nachhaltigkeit ist“.

Weitere Informationen

Die Karlsruher Energie- und Klimaschutzagentur (KEK) informiert auch zum Thema „Photovoltaik“ mit neutralen und unabhängigen Experten (siehe Links).

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