Wie kann die Verkehrswende in Karlsruhe gelingen? – KVV legt „Netzkonzeption 2020/2030“ vor

Unter dem Titel „Netzkonzeption 2020/2030“ wurde eine ergänzende Fassung zur ersten Analyse (2017) fertiggestellt. Foto: KVV

Unter dem Titel „Netzkonzeption 2020/2030“ wurde eine ergänzende Fassung zur ersten Analyse (2017) fertiggestellt. Foto: KVV

Vielzahl an Projektvorschlägen für eine erfolgreiche Verkehrswende: VBK, AVG und KVV ergänzen „Netzkonzeption 2020/2030“ und analysieren Maßnahmen zur Verdoppelung der Fahrgastzahlen in Karlsruhe und der Region.

Politische Entscheider und interessierte Bürger aus der Stadt Karlsruhe und der umliegenden Region haben nun einen ergänzten umfangreichen Überblick an der Hand, um sich über konkrete Perspektiven für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrsangebots detailliert zu informieren.

Unter dem Titel „Netzkonzeption 2020/2030“ haben die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) und der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) gemeinsam eine ergänzende Fassung einer Analyse fertiggestellt, die bereits 2017 in einer ersten Version veröffentlicht worden war. Die Netzkonzeption soll den politischen Entscheidern in Stadt und Region künftig als eine fundierte Diskussionsgrundlage in Hinblick auf die dringend erforderlichen Weichenstellungen der kommenden Jahre dienen. Der Ergänzungsband der „Netzkonzeption 2020/2030“ ist auf der Website der AVG veröffentlicht (siehe Links).

Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030

Christian Höglmeier, technischer Geschäftsführer von VBK und AVG, betont: „Um den Herausforderungen des Klimawandels effektiv begegnen zu können, strebt das Land Baden-Württemberg die Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 an. Mit unserer aktualisierten Netzkonzeption wollen wir aufzeigen, mit welchen Maßnahmen sich dieses Ziel in den kommenden Jahren gemeinsam erreichen lässt.“

Auf 126 Seiten haben mehrere Fachabteilungen konkrete Beispiele ausformuliert, wie die Verkehrswende vor Ort weiter intensiv vorangetrieben werden kann. „Wir haben uns jedoch ausschließlich auf die Betrachtung der Stadt Karlsruhe und der Region Mittlerer Oberrhein konzentriert“, sagt Höglmeier und ergänzt, dass mit Blick auf diese beiden Bereiche eine Vielzahl an möglichen Projekten beschrieben und mit entsprechenden Grafiken illustriert wurde. Angrenzende Regionen in Rheinland-Pfalz, im Bereich Heilbronn-Franken oder dem Nordschwarzwald seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht Gegenstand der Analyse.

Grundsätzlichen Leitlinien und Maßnahmen

Die Verfasser der aktualisierten Netzkonzeption kommen zu dem Schluss, dass auch nach der Inbetriebnahme der Karlsruher Kombilösung weiterhin großer Handlungsbedarf besteht, um das von Verkehrsminister Winfried Hermann formulierte Ziel der Verdoppelung der Fahrgastzahlen zu erreichen. Es wird erläutert, dass aus Sicht der beiden Nahverkehrsunternehmen und des Verkehrsverbunds gleich mehrere große Maßnahmen baldmöglichst vorangetrieben werden müssen. Infrastrukturelle Engpässe – sowohl in der Stadt als auch in der Region – müssen beseitigt und Neubaustrecken geplant und baulich realisiert werden. Einen wesentlichen Beitrag sollen auch Streckenreaktivierungen oder stadtrandnahe Tangentialstrecken leisten.

„Es ist aber auch klar, dass die rein bauliche Ergänzung unseres bestehenden Netzes allein nicht ausreichen wird, um die Fahrgastzahlen deutlich zu steigern“, sagt Höglmeier. Vielmehr gehe es zusätzlich darum, auch bereits im bestehenden Netz das vorhandene Nahverkehrsangebot durch Attraktivitätssteigerungen weiter zu verbessern und eine dauerhaft hohe Betriebsqualität sicherzustellen.

Taktverdichtungen sowie die Überlagerung zweier Linien auf neu zu ergänzenden Streckenästen sollen es unter anderem dort ermöglichen, die Betriebsleistung zu steigern, wo bereits heute ein attraktives Tram- und Stadtbahnangebot vorhanden ist. Nahezu alle Linien im KVV-Verbundgebiet werden heute schon in Zugverbänden, d.h. mit aneinandergekoppelten Fahrzeugen bedient, sofern es die örtlichen Gegebenheiten zulassen. In diesen Zugverbänden können jetzt schon besonders viele
Fahrgäste befördert werden.

Konkreten Beispiele in der Netzkonzeption

Das Projektteam hat in dem Ergänzungsband der Netzkonzeption sowohl für den innerstädtischen Bereich Karlsruhes als auch für die umliegende Region eine Vielzahl von Maßnahmen beschrieben, die – sofern der politische Wille dazu vorliegt – in den kommenden Jahren umgesetzt werden könnten.

Die Projektideen werden in der Netzkontzeption in die Kategorien eines vordringlichen, mittelfristigen oder langfristigen Umsetzungsbedarfs unterteilt. In der Stadt Karlsruhe sind „vordringlich“ zuerst die infrastrukturellen Engpässe zwischen dem Albtalbahnhof und dem Hauptbahnhofsvorplatz sowie zwischen dem Mühlburger Tor und der Yorckstraße zu beseitigen, um die Fahrplanstabilität sicherzustellen und weitere Linien im Stadtgebiet abwickeln zu können. Vordringlichen Umsetzungsbedarf für Netzergänzungen werden auch für die Reaktivierung bzw. Neuerschließung einer Güterverkehrsstrecke zwischen Neureut und Mühlburg sowie für die Einschleifung der AVG-Stadtbahnlinie S31/S32 im Bereich des Otto-Dullenkopf-Parks gesehen.

Mit Blick auf die Region Mittlerer Oberrhein wird als vordringlich zu betrachtenende Maßnahmen unter anderem die Beseitigung von infrastrukturellen Engpässen auf der Kraichgaubahn genannt. In der Region zählen auch die Reaktivierung der Hardtbahn von Hochstetten nach Graben-Neudorf sowie die Reaktivierung der AVG-Betriebsstrecke zwischen dem DB-Bahnhof Ettlingen West und dem Haltepunkt Ettlingen Erbprinz für einen regelmäßigen Personenverkehr zu den Projekten mit „vordringlichem Umsetzungsbedarf“.

Das Projektteam von AVG, VBK und KVV vertritt in der ergänzten Version der Netzkonzeption den Standpunkt, dass neben Streckenverlängerungen auch immer Streckenergänzungen durch Tangentialstrecken zur Entlastung der Hauptachsen und Radialstrecken als schnellere Verbindungen zwischen Stadt und Umland gefördert werden müssten.

„Um diese angedachten Maßnahmen tatsächlich zeitnah realisieren zu können, müssen neben den baulichen natürlich auch die finanziellen Aspekte genau betrachtet werden“, so Höglmeier. Zudem gelte es auch immer die Auswirkungen durch den Ausbau des Nahverkehrsangebots in der Region auf die Betriebsqualität im bereits hoch belasteten innerstädtischen Streckennetz genau zu untersuchen.

In Karlsruhe gibt das „Klimaschutzkonzept 2030“ der Stadt den Handlungsrahmen vor, in dessen umfangreichem Maßnahmenkatalog auch viele wichtige Punkte zur konkreten Umsetzung der Verkehrswende verankert seien. Unter anderem würden dort eine klimafreundliche Busflotte, der Netzausbau, die Kapazitätssteigerung sowie die konsequente Bevorrechtigung des ÖPNV genannt. Ein Vielzahl der Maßnahmen im Ergänzungsband der Netzkonzeption sind bereits in politischen Planwerken, z.B. Verkehrsentwicklungsplan der Stadt Karlsruhe oder Nahverkehrsplan des KVV enthalten.

Maßnahmen auf Durlacher Gemarkung

Zwei der 46 beschriebenen Infrastrukturmaßnahmen betreffen Durlach. Beiden wird vordringlicher Umsetzungsbedarf zugesprochen.

Im ersten Fall geht es um die Verlängerung der Linie 1 von der Haltestelle „Durlach Turmberg“ um eine ca. 800 m lange Neubaustrecke mit ein bis zwei zusätzlichen Haltestellen bis zum Turmbergbad inklusive Erschließung des Entwicklungsgebietes „Unten am Grötzinger Weg“. Im Zusammenhang mit der geplanten Gebietsentwicklung auf den Sportvereinsflächen bestehen unterschiedliche Ideen für eine Trassenführung. Denkbar ist die Führung durch die Alte Weingartener Straße mit Wendeschleife oder über die Grötzinger Straße (B3). Auch die Trassenführung im Plangebiet selbst ist noch nicht festgelegt, eine Blockumfahrung ist ebenfalls denkbar.

Im zweiten Fall um den barrierefreien Neubau der Turmbergbahn. Es ist geplant, die Standseilbahn von der heutigen Talstation durch die Bergbahnstraße (Freihaltetrasse) bis zur Grötzinger Straße / B3 zu verlängern, um einen direkten Umstieg an der Straßenbahnhaltestelle „Durlach Turmberg“ zu ermöglichen (siehe Artikel zum Thema). Die Verlängerung der Bahn soll außerdem mit einer tariflichen Einbindung in den KVV-Tarif einhergehen.

Eine weitere Maßnahme mit langfristigem Umsetzungsbedarf betrifft die Anbindung der Karlsruher Höhenstadtteile, zu denen auch die Bergwaldsiedlung gehört. Angedacht ist der Neubau einer rund 4,7 km langen Strecke inklusive Haltestellen zur Anbindung der Durlacher Bergdörfer als Straßenbahn oder alternativ als urbane Seilbahn. Eine Tramtrasse könnte vom südlichen Ortsrand Wolfartsweiers Richtung Grünwettersbach und weiter nach Palmbach geführt werden. Das Projekt steht somit in direktem Zusammenhang mit der Verbindungsstrecke von Wolfartsweier nach Ettlingen. Eine urbane Seilbahn als infrastrukturelle Alternative könnte bereits ab der heutigen Wendeschleife und Endhaltestelle Wolfartsweier Nord über die Bergwaldsiedlung und Hohenwettersbach nach Palmbach geführt werden. Speziell für die Straßenbahn ist auch eine Weiterführung über Stupferich nach Kleinsteinbach oder an die Bergstrecke der Albtalbahn denkbar.

KVV-Projekt regiomove und Güterverkehr ebenfalls Bestandteil der Analyse

Im Zuge der Netzkonzeption 2020/2030 werden zusätzlich zu den zuvor genannten Infrastrukturmaßnahmen auch die wichtige Rolle des KVV-Projekts regiomove sowie das Potenzial im Bereich des Güterverkehrs genauer beleuchtet. Mit Blick auf das regiomove-Projekt wird hervorgehoben, dass durch den multimodalen Ausbau des Mobilitätsverbunds das ÖPNV-Angebot erweitert und der öffentliche Nahverkehr dadurch insgesamt zusätzlich gestärkt werde. Die intermodale Vernetzung zwischen unterschiedlichen Mobilitätsangeboten ermögliche die Erschließung der ersten und der letzten Meile.

„Wir haben bereits mehrere regiomove-Ports an Standorten in der Region baulich realisiert“, sagt KVV-Geschäftsführer Alexander Pischon zur kontinuierlichen Weiterentwicklung des Projekts. „In den kommenden Monaten kommen noch weitere über das KVV-Gebiet verteilte Ports hinzu – damit wird unser attraktives Nahverkehrsangebot in der ganzen Region auch vor Ort zusätzlich sichtbar.“

Im Bereich Güterverkehr engagieren sich die AVG und die VBK als Ergänzung zum klassischen schienengebundenen Güterverkehr federführend in der Gesamtinitiative regioKArgo (siehe Artikel zum Thema). Aktuell sind die beiden Teilprojekte „LogiKTram“ und „regioKArgoTramTrain“ als finanziell geförderte Projekte in Arbeit. Ziel der Initiative ist es, das erfolgreiche Stadtbahnsystem des Karlsruher Modells mit der engen Verknüpfung von Stadt und Land so weiterzuentwickeln, dass neben Personen auch Güter im Nahverkehr möglichst klimaneutral auf der Schiene gebündelt und transportiert werden können.

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