Füttern von Wildtieren schadet gesamten Ökosystem
Ob im Schlosspark, in der Günther-Klotz-Anlage, an der Alb oder an der Pfinz: An vielen Orten werden die Wildtiere bedauerlicherweise gefüttert, und zwar mit Katzenfutter, Salat, Karotten oder Brot. „Das Problem ist, dass das Füttern nicht nur den Wildtieren selbst schadet, sondern dem gesamten Ökosystem, in dem sie leben“, erklärt Lenhard. Die Wildtiere fänden in den milden Wintern in der Stadt, im Wald, auf dem Feld und am Wasser ausreichend Nahrung. Rabenkrähen, Nutrias, Nilgänse, Stockenten, Blässhühner oder Schwäne erfreuen sich vermeintlich an der Futtergabe. Was der Wildtierexperte jedoch wahrnimmt, ist eher Stress unter den Wildtieren: Die Tiere drängen sich gegenseitig ab, schlagen mit den Flügeln, picken einander oder beißen sich gegenseitig, um an etwas Schmackhaftes aus Menschenhand zu gelangen. „Wo sich diese Wildtiere natürlich ernähren, findet man solche Verteilungskämpfe nicht“, berichtet der Wildtierbeauftragte.
Sorgen und Beschwerden aus der Bevölkerung
Die menschliche Zufütterung außerhalb von echten Notzeiten führt zudem zu überhöhten Populationen. Die milden Wintertemperaturen vermindern zusätzlich die natürliche Sterblichkeit insbesondere bei den Jungtieren. So verwundert es nicht, dass beispielsweise die Nutriapopulation in der Günther-Klotz-Anlage steigt. Daran stören sich wieder Menschen, denen Wildtiere in der Anlage lästig oder sogar gefährlich werden. So wurden schon die Umsiedlung der Rabenkrähen wegen vermeintlichen Angriffen auf Spaziergängerinnen und Spaziergänger oder der Abschuss von Nutrias gefordert. Die Verkotung der Wiesen, die Sorge um krankheitserregende Bakterien und Viren durch Bisam, Ratten und Mäuse, das aufdringliche Betteln der Nutria, der Verlust von Singvögeln durch die Dominanz der Rabenvögel sind weitere Beispiele für Sorgen und Beschwerden, die oft an den Wildtierbeauftragten herangetragen werden.
Lenhard ist überzeugt: „In milden Wintern ohne langanhaltende Minusgrade brauchen die Wildtiere keine Zufütterung.“ Er wirbt deshalb nachdrücklich für den Verzicht auf Wildtierfütterung. Viel hilfreicher ist es beispielsweise, seinen Garten naturnah zu gestalten und im Herbst nicht „besenrein“ zu pflegen.
Wildtiere fahren Stoffwechsel herunter
Übrigens fahren Wildtiere im Winter, wenn das natürliche Nahrungsangebot knapp wird, instinktiv ihren Stoffwechsel herunter, um Energie zu sparen. Einige Wildtierarten bleiben im milden Karlsruher Winter dennoch aktiv. Der Dachs zum Beispiel hält kaum noch Winterruhe und zeigt sich in manchen Gärten durch Grabungen auch im Januar und Februar.
Respekt und Verständnis für das „wilde Karlsruhe“
Grundsätzlich trifft auf alle Wildtiere zu, dass sie im Winter noch mehr Ruhe benötigen als sonst im Jahr. „Störungen treten für die Wildtiere immer dann ein, wenn man die ausgewiesenen Wege verlässt“, stellt der Wildtierbeauftragte klar. Die Wildtiere haben sich an die Wege im Wald und auf dem Feld gut angepasst. Nicht selten lägen Rehe und Wildschweine ganz in der Nähe vom Weg im Schutz von Sträuchern. „Wer diese Grundregel beachtet, kann als rücksichtsvoller Gast die Natur genießen“, stellt der Wildtierbeauftragte klar. Er bleibt optimistisch, dass Freizeitaktivitäten in Wildtierlebensräumen funktionieren können. Es braucht dazu nur Respekt und Verständnis für das „wilde Karlsruhe“.