Seien Kinder in den zurückliegenden Monaten nach der schrittweisen Lockerung der Corona-Maßnahmen von den Entscheidungsträgern und der Gesellschaft gut in den Blick genommen worden, so war das Verständnis und die Bereitschaft auf die besonderen Bedarfe der Jugendlichen einzugehen bisher eher gering. „Von ihnen wurde Solidarität, die Bereitschaft zur Einsicht und Rücksichtnahme ebenso eingefordert wie ein Akzeptieren des Verzichts vieler Beschäftigungen und Tätigkeiten, welche gerade im Jugendalter von großer Bedeutung sind“, stellt Daniel Melchien fest.
Haltungen wie „Die können sich doch jetzt einfach mal ein bisschen zusammenreißen“, „die müssen sich doch jetzt nicht unbedingt mit ihren Freunden treffen“, oder „die wollen doch eh´ nur feiern“ waren sowohl in der öffentlichen Diskussion wie auch in vielen privaten Gesprächen eine weit verbreitete Meinung. „Das gerade in einer Lebensphase der Selbst- und Orientierungsfindung ein Zurückgeworfen sein auf nur wenige Kontakte und nur wenige verbliebene Möglichkeiten des sich Ausprobierens, Erlebens und der Selbstfindung große Probleme verursachen kann, wurde von vielen ignoriert“, ergänzt der Vorsitzende.
Ganze Gesellschaft trägt Verantwortung
Nicht die Jugendlichen trügen die Verantwortung, die Verbreitung des Virus zu verhindern, sondern alle in der Gesellschaft. Der stja könne dabei auf die Erfahrungen aus dem Frühjahr verweisen. So sei das Verhalten einer überwältigend großen Anzahl Karlsruher Jugendlichen von Rücksichtnahme und von Solidarität geprägt gewesen. Dies müsse man zur Kenntnis nehmen. „Darüber hinaus haben sich zahlreiche Karlsruher Jugendliche über ihre Jugendverbände oder private Initiativen bereits im letzten Frühjahr für ihre Mitmenschen eingesetzt“, weiß Melchien. Sie hätten beispielsweise Lebensmittel, aber auch Bücher und andere Dinge für die Menschen organisiert, die das aufgrund der Zugehörigkeit zur besonders gefährdeten Personengruppe nicht selbst machen konnten.
Gerade in den anstehenden Debatten zum städtischen Haushalt und der Frage wie mit den pandemiebedingten Mindereinnahmen bei gleichzeitig teilweise pandemiebedingten Mehrausgaben umgegangen werden solle, fordere der stja ein klares Bekenntnis der Politik zur Bedeutung der Jugendarbeit. „Junge Menschen brauchen die Möglichkeit, auch unter Pandemie-Bedingungen, zum Austausch, zum Treffen und um gemeinsame Erfahrungen zu machen“, so Melchien. Das können Orte der Begegnung auch im innerstädtischen Bereich sein, verschiedene kreative Konzepte auch unter Einbeziehung bestehender Räumlichkeiten und temporäre Nutzungen zeitweise leerstehender Gebäude. Es sei wichtig, in Jugend und Jugendarbeit zu investieren, damit keine abgehängte „Generation Corona“ entstehe und dass Zustände wie sie sich in den Innenstädten anderer süddeutscher Großstädte im Sommer gezeigt hätten, in Karlsruhe verhindert werden können.