Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann hat heute einen Fahrplan für die weitere Öffnung des Schul- und Kitabetriebs in Baden-Württemberg vorgestellt. „Die Eltern fordern zu Recht, dass wir den Schulbetrieb weiter öffnen und auch den Kitas eine greifbare Perspektive für einen Betrieb über die erweiterte Notbetreuung hinaus geben. Mir ist deshalb wichtig, so frühzeitig wie möglich über unsere Planungen zu informieren“, betont die Ministerin und fügt an: „Wir wollen die Schulen und Kitas zügig, aber schrittweise und besonnen öffnen. Das Corona-Virus ist immer noch da, weshalb wir bei allen Schritten viele Faktoren berücksichtigen und durch hohe Infektionsschutzstandards ein Aufflammen der Pandemie verhindern müssen. Vorschnell irgendwelche Erwartungen zu wecken, die nachher nicht erfüllt werden können, hilft niemandem. Auch nach der nun anstehenden schrittweisen Rückkehr an die Schulen und Kitas werden es keine Normalbedingungen wie vor der Corona-Krise sein.“
Solange die aktuellen Abstandsregeln gelten, könne deshalb in allen Einrichtungen immer jeweils nur eine begrenzte Anzahl an Kindern und Jugendlichen unterrichtet oder betreut werden. Erst wenn die Abstandsregeln grundsätzlich aufgehoben werden, sei eine Rückkehr zu einem regulären und vollumfänglichen Schul- und Kitabetrieb möglich. Als weiteren Schritt hin zu mehr Normalität begrüßt Ministerin Eisenmann, dass von heute an auch landesweit wieder die Spielplätze geöffnet haben: „Das ist für viele Kinder und Familien sehr wichtig. In den vergangenen Wochen kamen leider viele kindliche Bedürfnissen zu kurz. Das gemeinsame Spielen und der Austausch mit anderen Kindern ist aber wichtig für ihre Entwicklung und damit auch für ihre Gesundheit.“
Seit 4. Mai 2020 findet unter strengen Vorgaben des Infektionsschutzes der Schulbetrieb in Baden-Württemberg wieder statt – für die Schülerinnen und Schüler an den allgemein bildenden Schulen, die in diesem und im nächsten Jahr ihre Abschlussprüfungen ablegen, sowie für die Schüler der Prüfungsklassen der beruflichen Schulen.
Ausgeweitete Notbetreuung wird angenommen
Seit dem 27. April 2020 hat Baden-Württemberg als eines der ersten Bundesländer überhaupt die Notbetreuung deutlich ausgeweitet, um mehr Eltern entlasten zu können. Auch Kindertagespflegepersonen können seither bis zu fünf Kinder von Eltern oder Alleinerziehenden, die in systemrelevanten Berufen arbeiten oder nachweislich präsenzpflichtig außerhalb der Wohnung tätig sind, betreuen. In der erweiterten Notbetreuung in den Kitas sowie in den Schulen bis Klasse 7 sind inzwischen durchschnittlich etwa zehn Prozent der Kinder. In den Kitas sind es in Einzelfällen derzeit bereits bis zu 25 Prozent der Kinder. Für einen Vergleich: Zuvor, also bis zum 27. April, waren durchschnittlich nur etwa drei Prozent der Kinder in der Notbetreuung, in der Notbetreuung an den Schulen waren es teilweise sogar nur einzelne Kinder.
Präsenzunterricht für Viertklässler ab 18. Mai
Der neue Fahrplan sieht vor, dass die Grundschulen im Land ab 18. Mai 2020 wieder in den Präsenzunterricht einsteigen. „Wir beginnen hier bewusst mit den Viertklässlern, um sie auf den Übergang in die weiterführende Schule vorzubereiten. So haben wir das auch innerhalb der Kultusministerkonferenz vereinbart“, erläutert Eisenmann. Der Unterricht soll sich dabei auf die Kernfächer konzentrieren, es wird ein reduziertes Angebot sein.
Außerdem wird die Klassengröße halbiert, um dem Abstandsgebot Rechnung tragen zu können. „Wir gehen von zwei bis drei Unterrichtsstunden am Tag aus. Für die konkrete Gestaltung wollen wir den Grundschulen aber Spielräume lassen, damit sie auf die konkreten Bedürfnisse vor Ort Rücksicht nehmen und flexibel reagieren können – zum Beispiel, was die personelle Planung betrifft. Denn es gibt auch Lehrkräfte, die selbst zur Risikogruppe gehören“, sagt die Ministerin und ergänzt: „Unsere Befragungen deuten bislang darauf hin, dass im landesweiten Durchschnitt rund 70 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer für den Unterricht vor Ort zur Verfügung stehen. Das kann aber im konkreten Einzelfall von Schule zu Schule schwanken, gerade die kleinen Grundschulen müssen wir hierbei im Auge haben.“
Kitas: Schrittweise Ausweitung in Richtung eines reduzierten Regelbetriebs
„Unser Plan sieht vor, dass wir ebenfalls ab dem 18. Mai die Betreuung an den Kitas in Richtung eines reduzierten Regelbetriebs in Absprache mit den Trägern schrittweise auf bis zu 50 Prozent der Kinder ausweiten. So können die Abstandsgebote mit halben Gruppengrößen gewahrt, Eltern aber weiter entlastet und den Kindern ein Stück Normalität zurückgegeben werden“, sagt Ministerin Eisenmann und ergänzt: „Von den Trägern der Kitas haben wir die Rückmeldung, dass an den Einrichtungen nicht so viel Personal zur Verfügung steht wie an den Schulen. Die Risikogruppe unter den Erzieherinnen und Erziehern scheint größer zu sein. Deshalb wollen wir den Trägern Spielräume vor Ort lassen, dass sie im Rahmen ihrer räumlichen und personellen Kapazitäten individuelle Lösungen finden können – zum Beispiel durch ein rollierendes System, das ermöglicht, dass Kinder in festen Gruppen abwechselnd an einzelnen Wochentagen in die Kita kommen können.“
Nächster Schritt: alle Schüler erhalten Präsenzunterricht
Nach den Pfingstferien sollen alle Schülerinnen und Schüler in einem rollierenden System Präsenzunterricht bekommen, der mit den Fernlernangeboten verzahnt werden soll. Dafür stehen bis zu den Sommerferien sechs Wochen zur Verfügung, die erweiterte Notbetreuung läuft daneben weiter. Darüber hinaus richten die Schulen für Schülerinnen und Schüler aller Jahrgangsstufen, die in den vergangenen Wochen weder digital noch analog erreicht wurden, Lerngruppen an den Schulen ein. Mit diesen Förderangeboten soll den Schülern ermöglicht werden, den Stoff aufzuholen, zu wiederholen und zu vertiefen, damit sie Anschluss halten können. In den Sommerferien wird das Kultusministerium zudem freiwillige Lern- und Förderangebote anbieten – und damit Schülerinnen und Schülern, die sich unsicher fühlen und mehr üben möchten, die Möglichkeit geben, Lerninhalte zu wiederholen, zu vertiefen und gezielt an Lernschwierigkeiten zu arbeiten.
Grundschulen
„Nach den Pfingstferien, also ab dem 15. Juni, werden wir den Präsenzunterricht an den Grundschulen rollierend anbieten, um alle Klassenstufen und alle Kinder zu erreichen“, sagt Ministerin Eisenmann. Das rollierende System sieht so aus, dass die Kinder im wöchentlichen Wechsel an die Schule kommen - eine Woche die Erst- und Drittklässler, eine Woche die Zweit- und Viertklässler. Der Turnus ist: immer eine Woche Unterricht an der Schule und dann wieder eine Woche Fernlernen von Zuhause aus. Damit ist nach den Pfingstferien immer die Hälfte der Grundschüler an der Schule. Hinzu kommen die Kinder der Notbetreuung, soweit sie nicht zu den Klassenstufen zählen, die Präsenzunterricht haben. „Wir wissen, dass wir die Schülerinnen und Schüler der Grundschulen zuletzt mit Fernlernangeboten schwerer erreicht haben als die Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen. Deshalb ist es wichtig, die drei Wochen pro Klassenstufe nach Pfingsten im Präsenzunterricht zu nutzen, um den Lernstand abzugleichen und Inhalte zu vermitteln und zu vertiefen“, so Ministerin Eisenmann. Der Schwerpunkt liege auf Deutsch, Mathe und Sachunterricht - Noten und Klassenarbeiten seien zweitrangig.
Gymnasien, Realschulen, Haupt- und Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen
Auch an den Gymnasien, Realschulen, Haupt- und Werkrealschulen, Gemeinschaftsschulen werden die Klassenstufen nach den Pfingstferien rollierend unterrichtet, um alle Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Eine Ausnahme gilt für die Jahrgänge, die bereits am 4. Mai gestartet sind und in diesem oder im nächsten Jahr vor dem Abschluss stehen. Sie bleiben dauerhaft in der Präsenz. „Wir reden nicht von einem regulären Schulbetrieb wie vor der Corona-Pandemie. Das heißt, dass es jetzt nicht darum gehen darf, noch möglichst viele schriftliche Arbeiten nachzuholen“, betont Eisenmann.
Für das rollierende System sieht das Kultusministerium folgenden Rhythmus vor: In den sechs Schulwochen, die noch anstehen, sollen im wöchentlichen Wechsel die Klassen 5/6, 7/8 aller Schularten und 9/10 am Gymnasium in Präsenzphasen an den Schulen einbezogen werden. So haben alle Schülerinnen und Schüler bis Schuljahresende noch mindestens zwei Schulwochen Präsenzunterricht an der Schule. An den Haupt- und Werkrealschulen sowie an den Gemeinschaftsschulen gibt es zudem Spielraum für die Förderung der Schüler auf G-Niveau. Zusätzlich richten die Schulen gezielte Lerngruppen vor Ort für Schülerinnen und Schüler ein, die mit den Fernlernangeboten gar nicht oder nicht gut erreicht werden konnten. Damit sind an den weiterführenden Schulen nach den Pfingstferien immer mindestens 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler an der Schule - bei halben Gruppengrößen und Konzentration des Unterrichts auf die Kernfächer. Die erweiterte Notbetreuung für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 5 bis 7 wird aufrechterhalten. Der Präsenzunterricht wechselt sich mit Fernlernangeboten ab, um Fragen zu klären, das Erlernte abzugleichen und Inhalte zu vertiefen.
Berufliche Schulen
Auch an den beruflichen Vollzeitschulen, den beruflichen Gymnasien, den Berufskollegs und den Berufsfachschulen sollen nach den Pfingstferien alle Schülerinnen und Schüler in regelmäßigen Abständen im Präsenzunterricht einbezogen werden. Die Jahrgangsstufe 1 der beruflichen Gymnasien, also der Klassenstufe 12, soll dabei besonders einbezogen werden, da diese Schülerinnen und Schüler im nächsten Jahr die Abiturprüfung absolvieren. Für die duale Berufsausbildung gilt, dass die Berufsschule in Abstimmung mit den Ausbildungsbetrieben nach Pfingsten in regelmäßigen Abständen besucht wird. Auch an den beruflichen Schulen werden voraussichtlich nach den Pfingstferien immer rund 50 Prozent der Schülerinnen und Schüler bei kleineren Gruppen an der Schule sein. Die Details zur Ausweitung des Schulbetriebs an den beruflichen Schulen müssen noch ausgearbeitet werden. Eine besondere Herausforderung ist dabei, dass sich nach den Pfingstferien bereits sehr viele Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen an den beruflichen Schulen befinden.
Das Kultusministerium wird alle Schulen im Land direkt, zeitnah und umfassend über diesen Fahrplan und die begleitenden Regeln informieren. Auch die Kindertageseinrichtungen und Kita-Träger werden selbstverständlich direkt informiert, hierzu müssen jedoch zunächst Abstimmungen mit den kommunalen Landesverbänden erfolgen.