Der Regionalverband Nordbaden von Stadtbild Deutschland e.V. spricht sich in einer Stellungnahme zum geplanten Abriss der drei Pavillon-Bauten der Durlacher Schlossschule und der projektierten, einförmigen Neubebauung gegen einen reinen, modernistischen Zweckbau aus. Stattdessen wirbt der Verein für den Wiederaufbau des 1964 abgerissenen, barocken Westflügels des Durlacher Schlosses, des sogenannten „Dienerbaus“ zur Korrektur des Stadtbildes.
„Durlach hat mit dem Abriss des Dienerbaus der Karlsburg aus dem 17. Jahrhundert und den weiteren Abrissen der anliegenden Marstallgebäude bedeutende Teile seiner höfischen Kultur- und Residenzgeschichte verloren. Diese Verluste waren nur möglich, da die Schlossanlage vermutlich mangels finanzieller Ausstattung jahrzehntelang nicht instand gehalten und ein Abriss bewusst in Kauf genommen wurde. Die Durlacher Bevölkerung hatte seit der Zwangseingemeindung 1938 lange keine Gestaltungs- und Widerspruchsmöglichkeit gegen oft kurzsichtige Entscheidungen der Karlsruher Stadtverwaltung. Das Gleiche passierte noch 1990 mit dem Abriss des Durlacher Gefängnisses. Wiederholt wurde die ablehnde Haltung der Durlacher Bevölkerung zu Abrissen historischer Architektur in der Stadt seitens der Verantwortlichen ignoriert. Daran änderten Proteste, Unterschriftensammlungen oder alternative Nutzungskonzepte Durlacher Bürgerinitiativen wenig. Diese Zeiten sollten wir inzwischen hoffentlich überstanden haben.“, so Robin Cordier vom Regionalverband Nordbaden.
„Einmalige Chance“
„Die heutigen Entscheidungsträger haben nun die einmalige Chance, eine für Durlach schwerwiegende Fehlentscheidung der Nachkriegszeit zu korrigieren. Die Rekonstruktion des damals überstürzt abgerissenen historischen Schlossflügels als neues, attraktives Zuhause für die Schlossschule, wäre ein großer Gewinn für eine lebenswertere, harmonische Innenstadt Durlachs. Der wiederaufgebaute Trakt bietet neben der Nutzung als „echtes“ Schlossschulgebäude eine Reihe an Nutzungsmöglichkeiten, vor allem für die anliegenden öffentlichen und kulturellen Durlacher Institutionen, wie die Volkshochschule, das Stadtamt Durlach oder die zwei anliegenden Museen“, so Cordier weiter.
Stadtbild Deutschland e.V. verweist in diesem Zusammenhang auf die Vielzahl namhafter Rekonstruktionsprojekte wie dem Dom-Römer-Projekt in Frankfurt am Main, der Frauenkirche in Dresden, dem Berliner Stadtschloss oder dem geplanten Wiederaufbau der historischen Mitte Potsdams. Diese Projekte werden - dem Verein nach - mit der Unterstützung großer Teile der Bevölkerung und vieler engagierter Spender umgesetzt.
Ein Mitglied des Vereins, Daniel Hoffmann, hat in einer Computeranimation das mögliche Aussehen des neuen Schossflügels simuliert. Hoffmann regt an, dass der weitgehend historisch korrekte Entwurf als entwicklungsfähiger Gegenvorschlag zum nichtöffentlichen Ausschreibungsverfahren der Stadt Karlsruhe zur Schul-Neugestaltung angesehen wird.
Der Regionalverband Nordbaden von Stadtbild Deutschland e.V. hat nach eigenen Angaben bereits Gespräche mit Vertretern von Durlacher Vereinen und einzelnen Parteifunktionären geführt. Man ist sich sicher, dass Architekturbüros klassischer Bauweise in der Region Gefallen an der Umsetzung einer Rekonstruktion des verlorenen Durlacher Schlossflügels finden. „In vielen Städten Deutschlands hat in den Gestaltungskommissionen zu urbanen Neubauprojekten bereits ein Umdenken der Entscheider zu Gunsten klassischer Bauweisen in Innenstädten - gegen eine architektonische Verfremdung stattgefunden. Ein harmonisches Stadtbild kommt nicht zuletzt der Bevölkerung und dem Tourismus zugute. Wir sind sicher, dass nun auch Karlsruhe hierfür reif ist.“, meint Cordier abschließend.
Der Verein Stadtbild Deutschland e.V. ist ein deutschlandweit tätiger, gemeinnütziger Verein, der sich der Pflege und schonenden Erweiterung traditioneller Stadtbilder verschrieben hat, ohne dabei moderne Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Der Verein prangert politische Fehlentscheidungen in der Bau- und Gestaltungspolitik an und versucht, nachhaltige Ansätze für eine ästhetischere Baupolitik im Geiste des neuen Urbanismus zu finden, die den Menschen und nicht nur Investoreninteressen zu Gute kommen.
Grafiken: Entwurf mit geplanten, früher nicht realisierten Dachgauben und neuem Torbau (Daniel Hoffmann, Stadtbild Deutschland e.V.)