Ein Ortsteil wehrt sich gegen die Überrumpelungstaktik der Behörden

Aue

Per Flugblatt und privaten E-Mail-Verteilern hatten einige Auemer Bürger zu einer Gesprächsrunde am vergangenen Samstag, 20. Oktober 2012 eingeladen (Durlacher.de berichtete). Anlass war die aktuelle Lage in Aue: Zwei Häuser beherbergen seit kurzem Asylbewerber, und die Anwohner hatten deutlichen Informationsbedarf.

Die große Zahl der Interessierten sprengte zuallererst den gewählten Veranstaltungsort, das Nebenzimmer des Gasthauses „Zum Strauß“, so dass kurzerhand auf den Schulhof der Oberwaldschule ausgewichen werden musste. Um befürchtete Eskalationen zu vermeiden, wurde zu Beginn der Veranstaltung von den Einladenden klargestellt, worum es an diesem Abend nicht gehen sollte: Weder sollte die Aussprache in eine Asyldebatte ausarten, noch wollte man sich auf bloße Polemik beschränken. Vielmehr war das Ziel, von den Verantwortlichen Aufklärung und Antworten auf die aufgekommenen Fragen zu erhalten.

Die brisante Lage in der überfüllten Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge (LAST) wurde kurz dargestellt, bevor betroffene Bürger von ihren Erfahrungen mit den Neuankömmlingen berichteten. In der Memeler Straße käme es im Bereich des ehemaligen Gasthauses „Goldener Adler“ aufgrund der vielen einquartierten Menschen zu Lärmbelästigungen, Sachbeschädigungen und Diebstahl, und ein Gefühl der Unsicherheit stelle sich ein. In der Ostmarkstraße hatten Anwohner beobachtet, wie die Wohnung für die Flüchtlinge in Rekordzeit bereitgestellt wurde und vom Regierungspräsidium erstaunlich viele Menschen dort einquartiert wurden.

Unmut in der Bevölkerung

Sozialbürgermeister Dr. Martin Lenz warb um Verständnis für die momentane Flut an Flüchtlingen, deren Menge von Tag zu Tag nicht abschätzbar sei. Doch der Unmut der Bürger warf deutlich die Frage auf, wie viel Flexibilität im Handeln der Behörden tragbar sei: Werden baurechtlichen Aspekten wie Umnutzung, Brandschutz und Fluchtwegen ausreichend Beachtung geschenkt? Wird auf Mindeststandards wie Wohnraumgröße, Toiletten und Aufenthaltsräume geachtet? Die Bürger zeigten wenig Verständnis dafür, dass diese gesetzlichen Vorgabe zwar für sie gelten, doch für die Behörden zur Zeit scheinbar nicht. Insbesondere die prekäre Lage der Kinder mache eine sofortige Überprüfung der Zustände und unverzügliches Handeln unabdingbar.

Stadtamtsleiter Thomas Rößler gab an, dass es dringende Aufgabe für den Ortschaftsrat in der kommenden Woche sei, den Fragen nachzugehen. Keiner der Verantwortlichen hatte aktuelle Zahlen, wie viele Menschen den beiden Häusern zugewiesen worden seien.

Mauscheleien beim Amt?

Die vereinzelten Unmutsäußerungen konnten die insgesamt konstruktive Stimmung an diesem Abend nicht nachhaltig stören. Die engagierten Bürger haben ein tatsächliches Interesse daran, in ihrem Stadtteil an Lösungen für Menschen auf der Flucht mitzuarbeiten - allerdings nicht ohne die essentiellen Vorgaben für sicheres, menschenwürdiges Miteinander außer Acht zu lassen und erst dann, wenn der aufgekeimte Verdacht der Mauscheleien beim Regierungspräsidium ausgeräumt würde. In der Hoffnung, dass die Verantwortlichen ihre Hausaufgaben machen werden, und die Vorgänge aufgeklärt werden, vertagte man sich auf ein weiteres Gespräch. Wenigstens im Nachhinein soll nun aufgearbeitet werden, was eigentlich im Vorfeld hätte geklärt werden müssen.

Zum Schluss erging der Aufruf, dass alle Anwohner zum Gelingen beitragen könnten, beispielsweise indem sie die beiden besonders unter der Situation leidenden Gastwirte unterstützen, denen die Gäste ausbleiben.

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