Good Bye Schwulentreff - Willkommen Lapidarium
Viele mag es ja gewundert haben, dass die öffentliche Toilettenanlage an der Marstallstraße, neben dem dortigen Schlossgarteneingang, seit über 10 Jahren geschlossen war.
Selbst habe ich da andere Erinnerungen, waren doch auf der Schloßgartenseite dieses Gebäudes in den 60er Jahren Bänke gestanden, die uns damaligen Jugendlichen als lauschiger Treffpunkt mit dem weiblichen Geschlecht dienten. Oder aber nach Schulschluss mit Kumpels dort locker abhängen und mit tragbarem Plattenspieler (das gab es wirklich) Beatles und Stones zu hören, ein idealer Ort.
Dass sich aber danach dort ein ausgesprochener Schwulentreff etablierte, ist dann doch meiner Aufmerksamkeit entgangen.
Das Gebäude wurde nun im Juli 2009 von der Stadt entkernt und es wird ein "Lapidarium" eingerichtet. Dies, habe ich mir erklären lassen, ist ein Ort, an dem Steine ausgestellt werden. Warten wir es ab.
Der schmale Vorplatz zur Marstallstraße, mit weniger ansehlichen Büschen zugewachsen, wird mit neuem Natursteinbelag versehen und damit nutzbar gemacht. Auf der Schloßgartenseite wird vor dem Gebäude ein Steingarten angelegt. Die Platz des ehemaligen Mühlespiels nebenan, nun zugewachsen und deshalb kaum noch zu erkennen, wird in eine schöne Brunnenanlage umgebaut. Einen langen, leider seit vielen Jahren trockengefallenen, Wasserlauf an der alten Grenzmauer zum Finanzamt gibt es dort noch, wo kam das Wasser damals her?
Mit diesen umfassenden Umgestaltungsaufgaben wurde die Durlacher Architektin Dr. Hildegund Brandenburg beauftragt, die sich seit vielen Jahren durch beispielhafte Sanierungen wertvoller alter Gebäude weit über Durlach hinaus einen Namen geschaffen hat. Sie bat auch mich um Hilfe bei den Recherchen über den Verbleib der Quelle, die den besagten Graben damals gespeist hat. Wer kann uns da helfen?
Ich hatte kurz vor der Entkernung des Gebäudes im Juni 2009 die einmalige Gelegenheit, mich auch im Inneren des jahrelang verschlossenen Toilettengebäudes umzusehen. Bevor die schwulen Graffitis für alle Zeiten verschwunden waren, habe ich gleich darüber eine Fotodokumentation gemacht, die ich den Durlachen nicht vorenthalten kann und will. Angesichts der, im wahrsten Sinne des Wortes, nackten Tatsachen ist mir nun klar, warum die Stadt diese "Bedürfnisanstalt" für Männer und auch Frauen (auch auf den Frauenklos fanden sich einige Wandsprüche) sozusagen klammheimlich geschlossen hat.
Zu sehr reut mich nämlich die Tatsache, dass ich vor Jahren im Basler-Tor-Turm nicht mehr von den dortigen 68er Graffitis retten konnte und viele nun für alle Zeiten verloren sind. (sade)
Weitere Informationen
Fotoarchiv DURLACH.ORG auf Durlacher.de
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Fotos: Samuel Degen (sade)